Familie Ernst Bischoff
Die Familie Ernst Bischoff war eine Bergwerksunternehmen und Verleihfirma für Grubenpferde im Ruhrbergbau.

Geschichte
Ernst Bischoffs Leidenschaft galt dem Pferdesport. Er kaufte 1905 einen englischen Hengst für den sensationellen Preis von 15.000 Pfund. In Hubbelrath bei Düsseldorf richtete Ernst Bischoff 1912 das große Vollblutgestüt Mydlinghoven für Turnier- und Galopp-Pferde ein, das bis 1970 im Familienbesitz blieb.
Ernsts Bruder Wilhelm jun. betrieb mit ihm zusammen die Geschäfte bis 1910, erwarb um 1911 das Gut Weiterhof in Hürth-Fischenich bei Köln, wo heute sein Enkel, der Landwirt Wilhelm Bischoff, in einer kleinen Privatbrauerei "Bischoff Kölsch" braut. Schon Ernst Bischoffs Vater Wilhelm Bischoff (* 28. Februar 1847, † 6. August 1899 in Gelsenkirchen), verdiente sein Geld als Gutsbesitzer in Essen-Altenessen mit Pferden. Im Volksmund hieß er "der Pferdebischoff". In der Gründerzeit nach 1871 baute er ein großes Wirtschaftsunternehmen auf. Er kaufte mehrere Güter an und verlegte Wohnsitz und Geschäft schon vor 1890 nach Gelsenkirchen. Die beiden repräsentativen Villen der Familie mit Park, Stallungen und Reitbahn befanden sich rechts neben dem später gebauten Hans-Sachs-Haus, Bankstraße 19, zwischen der Ebertstraße und der Overwegstraße. Als Transportunternehmer mit Pferdefuhrwerken begann Wilhelm Bischoff. Von der Post erhielt er den Auftrag Pferde für die Postwagen samt Postillon zu stellen. Es war jeden Morgen ein beeindruckendes Schauspiel,
„„wenn 40 bis 50 Pferde, paarweise nebeneinander mit sauberen, blitzenden Behängen, auf denen das weitbekannte Zeichen "W.B." stand, durch die Munckelstraße über die Overwegstraße und Hindenburgstraße zum Postamt geführt wurden, vorneweg die Postillone.“
Nach dem Ersten Weltkrieg benutzte die Post dann Autos als Transportmittel und so leerten sich die Pferdeställe. Der Schwerpunkt des Unternehmens verlagerte sich. Bischoff wurde der größte Grubenpferdverleiher im Ruhrgebiet. Mit bis zu 13.000 Pferden galt Bischoff als „der größte Pferdestall der Welt".
Der Vater Wilhelm hatte als Gutsbesitzer die Firma W. Bischoff KG, gegründet und Sohn Ernst, Schwiegersohn des Bürgermeisters Friedrich Wilhelm Vattmann, hatte sie im Jahre 1921 umgewandelt in die Wontana-Transport-Aktien-Gesellschaft mit 15 Millionen Mark Kapital. Den Vorstand bildeten Ernst Bischoff und der Kaufmann Theodor Schemann. Nach Schemanns Tod am 27. Juni 1930 bildete E. Bischoff alleine den Vorstand. Als Ernst Bischoff 1933 starb, wurde die Firma 1936 aufgelöst und ging über in die Firma W. Bischoff GmbH, die im Alleinbesitz aller Aktien war. 1955 wurde die Firma Wilhelm Bischoff aufgelöst.
Schon im Jahre 1913 hatte Ernst Bischoff aus Belgien das 5000. Grubenpferd gekauft. Eigene Stallmeister fuhren zu den Zechen, prüften untertage, ob die Pferde gesund waren, ob sie gut versorgt und richtig gefüttert wurden. Der Verleiher stellte Geschirr, Futter und Medikamente zur Verfügung. Die Arbeitszeiten der Tiere wurden vertraglich festgelegt. Ein Beispiel aus Rotthausen: 1878 begann auf der Zeche Dahlbusch die Pferdeförderung, ab 1885 wurden dort für etwa 100 Grubenpferde der Firma Ernst Bischoff Untertageställe gebaut.
Als nach dem 1. Weltkrieg die Grubenpferde allmählich durch Untertageloks ersetzt wurden, suchte Bischoff ein neues Geschäftsfeld. Spätestens im Jahr 1926 stieg Ernst Bischoff zunächst als Anteilseigner und Aufsichtsratsvorsitzender in die Firma Theodor Pfingstmann ein, die im benachbarten Recklinghausen Transportwagen für den Bergbau herstellte. Es handelte sich um einen Metallbaubetrieb für Bergwerksbedarf und Fahrzeuge für Straßenbau und Landwirtschaft. Ende 1930 übernahm der Hauptaktionär Ernst Bischoff den Betrieb allein.
Die letzten im 2. Weltkrieg übrig gelassenen Reste der ehemaligen "Villa Bischoff" am Alten Markt wurden im Mai 1952 abgerissen. Übrig blieben nur noch die ehemaligen Pferdeställe.
Auf dem Gutshof der Familie Bischoff in Gelsenkirchens Zentrum spielte sich die Weltgeschichte im Kleinen ab: Ernst Bischoff als Repräsentant des katholischen Zentrums war bis 1919 Mitglied des Provinziallandtages in Münster. Als bei Ausbruch des 1. Weltkriegs Artillerie ausrücken musste, dienten Bischoffs Stallungen als Hauptquartier. Von hier starteten die Ulane und die vollbepackten Kriegspferde. In der Zeit der Ruhrbesetzung übernahmen die Franzosen die Kontrolle über die Stallungen. Nach dem Tod von Ernst Bischoff 1933 wurde aus den Stallungen ein Quartier der NSDAP: das Heim der Parteigliederungen und der SA. Der letzte männliche Erbe fiel bei Stalingrad. Nach Ernst Bischoffs Tod 1933 zog die Witwe Elisabeth zur Tochter nach Berlin und auf ihr Gut bei Barsdorf. Damit endete die Präsenz der „Dynastie" Bischoff in Gelsenkirchen.
Weblinks
Thematisch passender Thread im Forum
Thematisch passender Thread im Forum (Elisabeth Bischoff „Arisierung“ jüdischen Großgrundbesitzes)
- Dirk Theegarten Abteilung für Pathologie der Ruhr-Universität Bochum: Das Grubenpferd im rheinisch-westfälischen Bergrevier – ein historischer Rückblick
- Bischoff Polytrac: über 100 Jahre Firmen-Geschichte
- Hermann Aurich: Märkische Landsitze des Berliner Bürgertums Die Gelsenkirchener Familie Bischoff als Gutsherren in Barsdorf
Quelle
- Hildegard Schneiders: Der Katholische Altstadtfriedhof - Grabsteine erzählen Gelsenkirchener Stadtgeschichte - Heft 14 des Heimatbund Gelsenkirchen