Flugplatz Essen-Gelsenkirchen-Rotthausen
Der Flugplatz Essen-Gelsenkirchen-Rotthausen war ein Landeplatz zu Beginn der motorisierten Luftfahrt. Er lag neben der Trabrennbahn Nienhausen im damals zu Essen gehörenden Rotthausen.
Geschichte
Unter großer Anteilnahme der Öffentlichkeit am 25. Mai 1912 auf Pachtland des alten Gutes Nienhausen eröffnet, entwickelte sich dieser Flugplatz zu einem Schwerpunkt der frühen Luftfahrtentwicklung im Ruhrgebiet. Zahlreiche Flugveranstaltungen, unterstützt durch die Industrie und Wirtschaft, verhalfen diesem Flugplatz zur damaligen Berühmtheit. Es befanden sich drei Flugschulen auf dem Terrain. Dazu kamen die ebenfalls 1912 gegründeten Kondor Flugzeugwerke, welche neben einigen Eigenkonstruktionen während des Ersten Weltkrieges auch Militärflugzeuge in Lizenz fertigten. Im Jahre 1919 veranstalteten heimgekehrte Flieger einen Flugtag und am 15. April 1919 führte die Deutsche Luft Reederei mit der Strecke Berlin–Gelsenkirchen einen Flugpostbetrieb ein. Diese Luftpoststrecke wurde im Dezember 1920 wieder eingestellt. Nach 1929 verlor dieser Flugplatz zunehmend an Bedeutung. Ein letzter Segelfluglehrgang von angehenden Fliegern ist für das Jahr 1940 belegt. Das eigentliche Flugplatzgelände ist heute von der Natur in Besitz genommen worden. Zunächst versumpfte das Flugplatzgelände wegen der durch den Kohlebergbau bedingten Landabsenkungen zunehmend. Dann wurde nach und nach Erdabraum aus dem Bergbau (Halde der Zeche Zollverein) auf dem ehemaligen Flugfeld aufgeschichtet. Damit war dieser Flugplatz endgültig Geschichte. Angrenzend befindet sich die ebenfalls 1912 eröffnete Trabrennbahn. Das Gut Nienhausen existiert noch ebenso wie die Trabrennbahn auch zu Beginn des 21. Jahrhunderts.
Schlagzeile
Auf dem Flugplatz beginnt die Flugschau "Industriegebiet 1914". Eröffnet wird die Veranstaltung mit der Vorführung von militärischen Aufklärungsflügen und anderen Manövern für den Kriegsfall. Es folgen Flugzeugrennen auf Überlandstrecken nach Duisburg und Gelsenkirchen. Überdies werden Rundflüge mit Passagieren angeboten. Mutige Zuschauer können sich den Flugzeugführern und ihren Maschinen anvertrauen. Bei dieser Gelegenheit erreicht erstmals eine deutsche Frau mit einem Flugzeug die beachtliche Höhe von 3750 m.
Bildergalerie
Aufsatz im Gelsenkirchener Lesebuch über den Flugplatz Rotthausen
Der Rotthauser Heimatforscher Karlheinz Rabas schreibt in einem Aufsatz über den Flugplatz Rotthausen im Gelsenkirchener Lesebuch folgendes:
„Der Flugplatz in Rotthausen"
Nur noch ältere Einwohner Rotthausens können sich an die Zeit erinnern, als sich auf heutigem Gelsenkirchener Stadtgebiet einer der ersten kommunalen Flugplätze Deutschlands befand. Es gab zwar in Deutschland schon einige Flugplätze, Berlin-Johannisthal, Gotha, Friedrichshafen und Teltow, um nur einige zu nennen, jedoch befanden sich fast alle in Privatbesitz. In Rotthausen verließ man sich nicht auf diese privaten Initiativen. Die umliegenden Städte und Gemeinden gingen mit einigen Industrieunternehmen hier gemeinsam ans Werk.
Pfingsten 1912, genau am 25. Mai, wurde bei strahlendem Wetter der Flugplatz Rotthausen mit einem Flugtag eröffnet. Vorausgegangen war die Gründung der Westdeutschen Fluggesellschaft mbH, an der die Stadt Gelsenkirchen mit 300.000 Mark, die Bürgermeisterei Rotthausen mit 150.000 Mark und die Stadt Essen mit 100.000 Mark beteiligt waren. Der Landkreis Essen, und die Stadt Leichlingen waren mit je 50.000 Mark, die Bürgermeisterei Stoppenberg, die mit ihrer Bauerschaft Katernberg unmittelbar an das Flugplatzgelände angrenzte, mit 40.000 Mark beteiligt. Weitere Anteile hielten die Zeche Zollverein mit 40.000 Mark und die Rheinisch-Westfälischen Motorluftschiff-Gesellschaft mit 20.000 Mark. Die wesentlichen Vorarbeiten zur Gründung dieser Gesellschaft waren von dem Kaufmann Ernst August Schröder ausgegangen, der versuchte, die Motor-Luftfahrt in unserem Raum in Gang zu bringen. E.A. Schröder war ein Essener Ballonfahrer, der beim Niederrheinischen Verein für Luftschifffahrt, Sektion Essen, als Fahrtenwart arbeitete und Vorsitzender der Rheinisch-Westfälischen Motorluftschiff-Gesellschaft war. Schon vor Gründung der Westdeutschen Fluggesellschaft wurde bereits 1908 auf seine Initiative hin das erste Flugzeug von dem Ing. Schmetz in Altenessen gebaut. Da noch kein geeignetes Fluggelände vorhanden war, übte man in den Ruhrwiesen und erreichte Sprünge bis zu 1.000 Metern. Im Jahre 1911 wurde ebenfalls auf Betreiben von E.A. Schröder in Altenessen die Niederrheinsiche Flugbauanstalt Hilsmann Co. gegründet. Ein Flugzeug dieser Firma flog am 7. und 14. Mai 1911 auf dem Flugplatz in Holten am Niederrhein. Holten war jedoch zu weit entfernt. Alles Suchen nach einem geeigneten Gelände war erfolglos, bis man nach 1911 bei einer Fahrt mit dem Parseval-Luftschiff das Gelände bei dem Gut Nienhausen in der Bürgermeisterei Rotthausen fand. Nur der Tatkraft und dem unternehmerischen Wagemut von E.A. Schröder ist dann die Gründung der Westdeutschen Fluggesellschaft mbH und damit des Flugplatzes Rotthausen zu verdanken. Der Flugplatz selbst und seine Einrichtungen waren für die damalige Zeit recht großzügig angelegt. Es gab eine große Tribüne für die Zuschauer, ein Verwaltungsgebäude, ein Fliegerheim, drei große Flugzeughallen, Abstellplätze für die Wagen und einen Anschluss an das Straßenbahnnetz. Dazu kamen das Waldhausrestaurant im Nienhauser Busch, das noch heute existiert. Die Lage des Flugplatzes galt allerdings bei den Fliegern wegen des Nienhauser Busches, der benachbarten Zeche Zollverein mit ihren Schächten 4 und 5 und dem Schwarzbach, der damaligen Grenze zwischen Rheinland und Westfalen, nicht als optimal. Alles was damals in der Fliegerei Rang und Namen hatte, flog bei den Flugtagen und tausende von Menschen waren begeisterte Zuschauer. Der Flugplatz in Rotthausen diente ausschließlich der Sportfliegerei, Militärfliegerei wurde nicht betrieben. Einige Flugzeugführer, Wilhelm Albers, Josef Schlatter und Georg Mürau mit seiner Frau Charlotte Möhring, eröffneten auf dem Flugplatz Fliegerschulen. Mitte 1912 gründeten der Kaufmann E.A. Schröder, der Oberleutnant Bernhard Goldschmidt und der Prokurist Otto May die Kondor-Flugzeugwerke-Gesellschaft mbH mit Sitz in Essen, die für den Flugplatz von großer Bedeutung war. Zu Beginn hatten die Kondor-Werke in Rotthausen 60 Mitarbeiter, gegen Ende des Ersten Weltkrieges waren es 1.200 Mitarbeiter. Aber das Ende des Krieges war auch das Ende der Flugzeugwerke. Im Jahre 1919 trat der Flugplatz Rotthausen noch einmal mit einem großen Ereignis an die Öffentlichkeit. Als erste Fluggesellschaft der Welt eröffnete die Deutsche Luftreederei, Berlin, auf der Route Berlin-Hannover-Rotthausen am 16. April 1991 eine planmäßige Postflugstrecke, die jedoch wegen der 50 km-Sperrzone Ende 1919 wieder eingestellt werden musste. Danach tat sich nicht mehr viel auf dem Flugplatz. Zeitweise zog die Gelsenkirchener Polizei in die Flugplatzgebäude ein. Im Frühjahr 1923 besetzten französische Truppen die Gebäude. Offiziell wurde der Flugplatz 1926 wieder als Landeplatz anerkannt, erlangte jedoch seine ursprüngliche Bedeutung nicht mehr wieder. Die Essener Sportflieger, die hier flogen, zogen 1933 nach Mülheim. 1940 schulten auf dem Rotthauser Gelände noch Segelflieger, aber damit endet auch die kurze Geschichte des Flugplatzes Rotthausen.“
Literatur
- Rolf Schneider: Luftpost Essen. Essen 1980 (Eigendruck, 2.erweiterte Auflage 1990)
- Guido Rißmann-Ottow: Glück ab! – Frühe Luftfahrt im Revier, Essen 2002, ISBN 3-89861-025-X.
- Hartmut Buch: Luftfahrtführer Nordrhein-Westfalen. Berlin 2005’, ISBN 3-9804337-7-3.
- Frank Radzicki: Der Traum vom Fliegen im Ruhrgebiet. Erfurt 2006, ISBN 3-89702-995-2.
- Volker Bruckmann: Flugpioniere in Nienhausen in: Emscher-Zeitung, Ausgabe 01/2020, Seiten 44-50. (Magazin des Heimatbund Gelsenkirchen)
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