Friedrich Wendenburg

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Dr. Paul Friedrich Wendenburg (* 29. Mai 1888 in Berlin-Köpenick , † 25. Dezember 1967 in Kassel) war Mediziner, Wohlfahrtsdezernent und Stadtrat der Stadt Gelsenkirchen.

Leben

Dr. Friedrich Wendenburg

Friedrich Wendenburg wurde als Sohn eines Schuldirektors am 29. Mai 1888 in Berlin-Köpenick geboren. Dem Besuch des Gymnasiums und dem Abitur schloss sich ein Medizinstudium an, das zunächst 1913 mit Approbation endete. Wendenburg absolvierte dann aber noch eine Ausbildung zum Facharzt für Kinderkrankheiten und Psychatrie in der Heil- und Pflegeanstalt Eickelborn.

Zum 1. Juli 1919 wurde Dr. Friedrich Wendenburg dann in der Stadt Gelsenkirchen zum Leiter des neu gegründeten Städtischen Gesundheitsamtes und Stadtrat für das Gesundheits- und Wohlfahrtswesen bestellt. Wendenburg erwarb sich entscheidende Verdienste beim Aufbau der Gesundheitsfürsorge in Gelsenkirchen sowie in der Hygienevorsorge des ganzen Ruhrgebiets. Nicht zuletzt wegen seiner Aktivitäten nahm Gelsenkirchen eine Vorreiterrolle auf diesem Gebiet wahr. 1920 schuf er die Kommunale Vereinigung für Gesundheitsfürsorge im Rheinisch-Westfälischen Industriegebiet. In Gelsenkirchen wurde unter seiner Führung 1921-1927 eine umfassende Familienfürsorge nach dem sogenannten Gelsenkirchener System aufgebaut. Die Gründung des Kinderkrankenhaus und der Säuglingspflegeschule in Gelsenkirchen, die Gründung der Lungenheilstätte Steele, der Ausbau der Tuberkulose-Fürsorgestellen, der Behindertenfürsorge, der Säuglings- und Kleinkinderfürsorgestellen, der Erholungs- und Speisungsfürsorge, der Geisteskrankenfürsorge und der Mütter- und Schwangerenfürsorge gingen auf seine Initiative zurück. 1925 war Wendenburg Organisator der Kindergesundheitswoche Ruhrgebiet. Ab 1927 amtierte er als Leiter der internationalen Hygienekommission des Völkerbundes.

Zu dieser Zeit wohnte Wendenburg in der Wörthstraße 15 [1].

1928 wurde Dr. Friedrich Wendenburg zum Beigeordneten der neu geschaffenen Großstadt Gelsenkirchen-Buer gewählt. Wendenburg war zu dieser Zeit parteilos. 1930 wurde unter seiner Federführung die Künstlersiedlung Halfmannshof in Rotthausen gegründet und in den folgenden Jahren weiter ausgebaut.

Nach der Machtergreifung blieb er Stadtrat und trat im Mai 1937 der NSDAP bei. Bis zu seinem Ausscheiden aus dem Dienst der Stadt Gelsenkirchen am 31. August 1941 leitete Wendenburg das Dezernat für Fürsorge und Gesundheitswesen. Vermutlich aus familiären Gründen wechselte er im September 1941 als hauptamtlicher Beigeordneter für das Wohlfahrtswesen nach Breslau. In dem von der alliierten Militärregierung nach dem Zusammenbruch des Dritten Reiches durchgeführten Entnazifizierungsverfahren wurde Wendenburg als Mitläufer eingestuft.

Nach 1945 wurde Wendenburg von den russischen und polnischen Behörden freigestellt und mit der ersten Betreuung der Bevölkerung von Breslau beauftragt. Ab 1. Juli 1946 trat er als Sonderbeauftragter für den Wiederaufbau erneut in die Dienste der Stadt Gelsenkirchen ein. Um die einseitige schwer industrielle Ausrichtung der Gelsenkirchener Wirtschaftsstruktur und die damit verbundene zu geringe Frauenbeschäftigung zu beheben, versuchte Wendenburg durch die Ansiedlung von Bekleidungsbetrieben einen neuen Industriezweig in Gelsenkirchen zu etablieren. Im Juni 1953 wechselte er als Sonderbeauftragter für den wirtschaftlichen Wiederaufbau nach Kassel. 1965 wurde ihm das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse verliehen. Wendenburg starb am 25. Dezember 1967 in Kassel.

Literatur

  • Brückner, B. (2015): Geschichte der psychiatrischen Sozialarbeit in Deutschland im 20. Jahrhundert – ein Überblick. In: M. Dörr (Hg.): Sozialpsychiatrie im Fokus Sozialer Arbeit. Hohengehren, Battmannsweiler: Schneider, S. 21-32.
  • Goch, S. (2000): Dokumentationsstätte "Gelsenkirchen im Nationalsozialismus". Katalog zur Dauerausstellung. (Schriftenreihe des Instituts für Stadtgeschichte, Materialien, Bd. 5). Essen: klartext.
  • Labisch, A., F. Tennstedt (1985): Der Weg zum „Gesetzüber die Vereinheitlichung des Gesundheitswesens“ vom 3. Juli 1934. Entwicklungslinien und -momente des staatlichen und kommunalen Gesundheitswesens in Deutschland. Teil 2. Düsseldorf: Akademie für öffentliches Gesundheitswesen.
  • Reinicke, P. (1998): Soziale Krankenhausführung in Deutschland. Von den Anfänge bis zum Ende des zweiten Weltkriegs. Opladen: Leske + Budrich.
  • Reinicke, P. (1998): Differenzierung nach Krankheitsbildern und Krankenhausträgern. In: P. Reinicke (Hg.): Soziale Krankenhausführung in Deutschland. Von den Anfänge bis zum Ende des zweiten Weltkriegs, S. 187-239.
  • Schmiedebach, H.-P., S. Priebe (2004): Social Psychiatry in Germany in the Twentieth Century. Ideas and Models. In: Medical History, 48, (4), S. 449-472.
  • Wendenburg, F. (1927): Die kommunale Fürsorgestelle für Geisteskranke usw. In: H. Roemer, G. Kolb, V. Faltlhauser (Hg.): Offene Fürsorge in der Psychiatrie und ihren Grenzgebieten. Berlin: Springer, S. 72-80.
  • Wendenburg, F. (1929): Soziale Hygiene. (Handbücherei für Staatsmedizin, Bd. 13). Berlin: Heymann.
  • Wendenburg, F. (1931): Offene psychiatrische Fürsorge vom kommunalen Fürsorgeamt aus. In: O. Bumke, G. Kolb, H. Roemer, E. Kahn (Hg.): Handwörterbuch der psychischen Hygiene und der psychiatrischen Fürsorge. Leipzig: De Gruyter, S. 134-137.
  • Wendenburg, F. (1933): Die Aufgaben der Kommunalverwaltung bei dem Auf- und Ausbau der N.S.-Volkswohlfahrt. In: Die nationalsozialistische Gemeinde 1, S. 138-140.
  • Wetzel, A. (1931): Psychiatrische Krankenhausfürsorge. In: O. Bumke, G. Kolb, H. Roemer, E. Kahn (Hg.): Handwörterbuch der psychischen Hygiene und der psychiatrischen Fürsorge. Leipzig: De Gruyter, S. 132-134.

Quelle

Dokumentationsstätte „Gelsenkirchen im Nationalsozialismus“, Katalog zur Dauerausstellung, Institut für Stadtgeschichte, bearbeitet von Stefan Goch

Weblinks

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Einzelnachweise

  1. Adressbuch Gelsenkirchen 1927