Friedrich und Jakob Alexander
Brandwand mit Werbeschriftzug | |
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Art des Denkmals: | Bodendenkmal |
Standort: | Bochumer Straße 165 |
Stadtteil: | Ückendorf |
Baujahr: | zwischen 1910 und 1917 |
Seit wann in Denkmalliste: | 28. Oktober 2021 |
Dokument der Denkmalbehörde: | A352.pdf |
Lagekarte
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Friedrich Fritz Alexander (* 31. Oktober 1888 in Werther, † unbekannt) und Jakob Julius Alexander (* 30. März 1883 in Werther, † unbekannt) waren deutsche Kaufleute in Gelsenkirchen.
Friedrich Alexander war Kaufmann. Zusammen mit seinem Bruder Jakob betrieb er verschiedene Geschäfte, zunächst ein Bekleidungsgeschäft in der Bahnhofstraße 83 und ab 1925 übernahmen die Brüder in der Bahnhofstraße 48-50 das Kaufhaus Carsch & Co. Ein weiteres Kaufhaus der beiden Brüder befand sich in der Bahnhofstraße 42/42a, das KaPe Kleinpreisgeschäft. Mit seiner Familie lebte er in der Klosterstraße 7. Ab 1938 waren sie gezwungen, nach und nach ihre Geschäfte zu verkaufen, sie mussten im April 1938 an den Moltkeplatz 6 ziehen. Die Brüder emigrierte mit ihren Familien im Dezember 1938 nach Rio de Janeiro, Brasilien.
Geschichte
Die Brüder Jakob und Friedrich Alexander und ihre vier Geschwister sind zwischen 1875 und 1888 in Werther bei Halle (Westfalen), dem Geburtsort ihres Vaters Moses Alexander, geboren. Moses Alexander scheint dort mit Manufakturwaren gehandelt zu haben. Anfang des 20. Jahrhundert siedelten alle Geschwister von Ostwestfalen ins Ruhrgebiet um. Um 1907 gründeten Alexander (* 1878) und Arnold (* 1879) Alexander das Konfektionsgeschäft Gebr. Alexander GmbH für Herren und Knaben in Essen, während ihre beiden jüngeren Brüder Jakob und Friedrich zwischen 1910 und 1913/1917 das Herrenbekleidungsgeschäft Bahnhofstraße 83 in Gelsenkirchen führten. Da Jakob Alexander bis 1917 in der Bahnhofstraße 83 gemeldet war, besteht die Wahrscheinlichkeit, dass das Geschäft bis dahin bestanden hat. Das Geschäft befand sich in den beiden unteren Geschossen des Wohn- und Geschäftshauses. 1925 erwarben die beiden Brüder von Alex Kaufmann das Kaufhaus Carsch Bahnhofstraße 48-50 zusammen mit der zugehörigen Schneiderei, Theresienstraße 5. Moses Stern errichtete, nachdem er dieses Gebäude erworben hatte, im Jahre 1897 ein gemischtes Wohn- und Geschäftshaus an der Theresienstraße. Zusätzlich wurden im Gebäude an der Theresienstraße im Jahre 1932 Bet- und Versammlungsräume für die jüdische Gemeinde eingerichtet. Dazu gehörten zum Besitz der Brüder Alexander Grundstücke und Gebäude an der Teutstraße 5/7, sowie ein Gelände an der Zeppelinallee 6a.
Das Geschäftshaus Gustav Carsch & Co. GmbH, „ Konfektions und Sporthaus", an der Bahnhofstraße 48-52 wurde von den Brüdern Alexander an den Kaufmann Hubert Kogge verkauft.
Das zuletzt „arisierte" Gebäude von Jakob und Friedrich Alexander war das KaPe Kleinpreisgeschäft an der Bahnhofstraße 42/42a. Auch dieser Geschäftsbetrieb, eine GmbH, ging auf einen neuen Besitzer über. Der Warenbestand wurde verkauft.
Zu dem Besitz der Brüder Alexander gehörte auch ein Grundstück an der Zeppelinallee 6a. Das Gelände war auf die Firma Carsch &Co. eingetragen. Die Stadt Gelsenkirchen zeigte Interesse an dem Grundstück und schloss mit dem Geschäftsführer der Firma Carsch & Co., Jakob Alexander, am 24. Mai 1938 einen Vertrag ab. Nachdem der Vertrag abgeschlossen worden war, konnte das Gelände am 22. Juni 1938 aufgelassen und am 26. Juni 1938 auf die Stadt Gelsenkirchen eingetragen werden.
Brandwand mit Werbeschriftzug
Die Fassadenwerbung an der südlichen Brandwand des Gebäudes Bochumer Straße 165 bezeugt bis heute auf anschaulich das jüdische Kaufmannswesen in Gelsenkirchen in der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg.
Die Wandinschrift ist im Rahmen des für die Neubebauung Bochumer Straße 167/169 erforderlichen Abbruchs der Vorgängerbauten zutage getreten. Für die Neubebauung wurde ohne Kenntnis der Inschrift eine Baugenehmigung erteilt. Die Außenwand des neuen Gebäudes wurde in einem geringen Abstand zur bestehenden Brandwand des Gebäudes Bochumer Straße 165 errichtet. Ein Teil dieser neuen Wand wurde mit einer Verglasung versehen, sodass ein Fenster zu der historischen Wandinschrift im Inneren des Neubaus entstand.
Im Hauseingangsbereich des 2021 erbauten Virchowbogen wurde eine großformatige Alu-Dibond-Tafel mit einem Bild der kompletten Giebelfassade montiert. Der Standort wurde so gewählt, dass die Tafel möglichst auch von der Straße aus durch die Hauseingangstür gesehen werden kann. An der Fassade wurde ein QR-Code installiert, der zu einer Website mit weiteren Informationen und Bildern führt.
Quelle
- Heinz-Jürgen Priamus (Hg.): Was die Nationalsozialisten "Arisierung" nannten. Wirtschaftsverbrechen in Gelsenkirchen während des "Dritten Reiches" (Schriftenreihe des Institut für Stadtgeschichte, Beiträge Bd. 13), Essen 2007. Darin Carsten Kaiser / Thomas Lamsfuss: Enteignung und Bereicherung - Zehn Beispiele, hier: Friederich und Jakob Alexander, Seite 92-99
- Untere Denkmalbehörde Stadt Gelsenkirchen: Ratsvorlage vom 7. Mai 2021
Weblinks
- Reklame-Fund ruft jüdische Familiengeschichte wach (im Web-Archiv)
- „Gutsitzende Anzüge und Überzieher“ am besten bei Alexander
- Foto vom Haus Bahnhofstraße 83
- Jüdische Verfolgte in Gelsenkirchen 1933-1945: Jakob Alexander
- Jüdische Verfolgte in Gelsenkirchen 1933-1945: Friedrich Alexander