GelsenTrabPark
Die Trabrennbahn Nienhausen oder Trabrennbahn Gelsenkirchen ist eine 1912 in Betrieb gegangene Trabrennbahn im Gelsenkirchener Stadtteil Feldmark an der Nienhausenstraße, die heute unter dem Namen GelsenTrabPark firmiert.
Geschichte
Vorgeschichte
Bereits 1909 wurde der Traberclub Dortmund mit Kaufleuten, Gutspächtern und Züchtern gegründet. Dieser Verein veranstaltete ein erstes Rennen, noch mit finanziellen Verlusten, im August 1910 in Dortmund-Huckarde. Das nächste Pferderennen im Jahr 1911 auf einem Exerzierplatz in Hamm hinterließ ebenfalls Schulden. Der Club, inzwischen zum Traberzuchtverein Dortmund e. V. umbenannt, fand schließlich einen neuen Standort in Rotthausen, das damals zum Landkreis Essen gehörte. Hier hatte Ernst Nienhausen sein 500 Morgen großes Gelände an die Westdeutsche Fluggesellschaft mbH verpachtet.
Am 25. Mai 1912 wurde dieser erste kommunale Flugplatz in Deutschland auf 280 Morgen Fläche in Betrieb genommen. Am Flugplatz Essen-Gelsenkirchen-Rotthausen befand sich später das Stammwerk der Kondor Flugzeugwerke. Auf dem Flugplatz trainierte der Flugpionier und Fluglehrer Bruno Werntgen, der hier auch Flugunterricht gab.
Die restliche, angrenzende Fläche von 220 Morgen Land ließ die Fliegerei einem 1.200 Meter langen und zwölf Meter breiten Geläuf mit drei Stallungen mit Boxen für je zehn Pferde zugutekommen. Dazu errichtete man innerhalb von zwei Monaten ein Totalisatorengebäude, ein Zielrichterhaus sowie die Tribüne zwischen Geläuf und Flugplatz.
Bis zum Ersten Weltkrieg
Am 29. September 1912 startete um 14.15 Uhr das erste Trabrennen am Nienhauser Busch in Rotthausen. Für diese insgesamt sechs Rennen wurden an zwölf Wettschaltern 24.000 Gold Mark umgesetzt. Der erste Sieger kam aus dem Stall Hörmann mit dem Pferd Intimus.
Wegen des nun großen Erfolges wurden für das Folgejahr 1913 vom Verein weitere zwölf Renntage beantragt, aber nur zwei genehmigt. Auch für das Jahr 1914 wurden nur zwei Renntage genehmigt, wobei der zweite nicht mehr statt fand, da inzwischen der Erste Weltkrieg ausgebrochen war. Zu Kriegsende war der Verein mittellos.
Bis zum Zweiten Weltkrieg
Nach dem Ersten Weltkrieg sammelten die Vereinsmitglieder insgesamt 65.000 Mark, um den Rennbetrieb schließlich 1919 mit zwei Wohltätigkeitsrennen wieder aufnehmen zu können. Der angrenzende Flugplatz wurde nicht mehr durch regelmäßigen Flugbetrieb genutzt. 1920 nannte sich der Verein in Westdeutscher Traber-, Zucht- und Rennverein e. V. Gelsenkirchen um. Die Anzahl der Renntage stieg 1921 auf sechs, und im Jahr darauf auf 16.
Zur Zeit der Ruhrbesetzung im Frühjahr 1923 wurde der Flugplatz zum Exerzierplatz der französischen und belgischen Besatzungstruppen. Dennoch fanden in diesem Jahr 18 Renntage statt. In den Folgejahren von 1924 bis 1934 gab es jeweils 22 Renntage. 1924 wurde Rotthausen zur Stadt Gelsenkirchen eingemeindet. 1926 stellte die Stadt ein Darlehen zum Bau einer neuen, überdachten Tribüne zur Verfügung. Als diese gerade fertiggestellt war, wurde sie durch ein Unwetter schwer beschädigt, jedoch sofort wieder instandgesetzt. Dazu wurde, auch 1926, der Kurs von Rechts- auf Linkslauf umgestellt. Die aufkommende Weltwirtschaftskrise schwächte trotz hoher Besucherzahlen die Umsätze. Die Rennpreise von 600 bis 700 Reichsmark – 2000 bis 5000 Mark bei Zuchtrennen – konnten noch nicht reizen. 1937 wurde das 25. Jubiläum der Trabrennbahn mit mehreren zehntausend Besuchern gefeiert.
Die Stadt der Trabrennen war damals jedoch hauptsächlich Berlin. 1938 sollte sich das ändern, denn in Gelsenkirchen wurden die beliebten Montagsrennen, Volksrenntage und die neuen Winterrennen eingeführt. Einige hervorragende Pferde aus Berlin und Hamburg erhielten im Winter in Gelsenkirchen neue Startmöglichkeiten, die es nun nur hier gab.
Ab 1941 kommt der Rennbetrieb infolge des Zweiten Weltkrieges völlig zum Erliegen. Schwere Bombardements der Alliierten auf das gesamte Ruhrgebiet waren auch für die Rennbahn in Rotthausen das vorläufige Aus. Insgesamt kamen in den Bombenhageln mehr als 70 Pferde um. Auf dem Gelände entstanden über 60 Bombentrichter und ließen vom Geläuf wenig übrig.
Nachkriegszeit
Nach dem Zweiten Weltkrieg herrschte Hunger für Pferd und Reiter, gab es keine Stallungen mehr, kein Wasser und kein Licht. Der Flugbetrieb des angrenzenden Flugplatzes konnte wegen des Flugverbotes der Alliierten nicht wieder aufgenommen werden. Das Flugfeld nutzte man zunächst als Kartoffelacker und schüttete später taubes Gestein der Zeche Zollverein auf.
Dennoch engagierte sich eine Gruppe von Traberfreunden derart, das am 7. Oktober 1945 bereits wieder ein erstes Rennen stattfinden konnte. Sie baten beim Stadtkommandanten der Militärregierung um Hilfe, die jedoch kein Verständnis zeigte. Deren Vorschlag war die Schlachtung der Pferde zur Linderung des Hungers der Bevölkerung. Das konnten die Traberliebhaber mithilfe einer Abwehrwache verhindern. Sie gingen zur britischen Rheinarmee nach Bad Oeynhausen in die nächsthöhere Instanz, welche die Anweisungen des Stadtkommandanten endgültig rückgängig machte. Des Weiteren gelang die Beschaffung von 58 Tonnen Hafer aus Hamm sowie eine notdürftige Wiederherstellung der Stallungen.
Der Grund und Boden von Ernst Nienhausen, auf dem der Flugplatz und die Trabrennbahn lagen, war inzwischen an die zu den Vereinigten Stahlwerken gehörende Hüttenwerk Oberhausen AG, Oberhausen verkauft worden. Erhebliche Probleme machte dem Traberverein, dass der neue Eigentümer schlicht seine Existenz und einen gültigen Pachtvertrag bestritt. Nach schwierigen Verhandlungen konnte der Verein wieder neu gegründet und ein neuer Pachtvertrag erstellt werden, was die Nutzungsrechte klärte. 1946 übernahm der Stadtdirektor Ernst Hamann den Vorsitz des Westdeutschen Traber-, Zucht- und Rennvereins e. V. Gelsenkirchen.
Aufstieg zum Volkssport
1947 wurde das Elite-Rennen mit den besten Deutschen ins Leben gerufen, das sich aber bald auf europäischer Ebene ausweitete. Hinzu kam der Westdeutsche Jugendpreis. Baulich wich der alte, hölzerne Zielturm 1949 dem Heutigen aus Beton. Ein Jahr darauf begann man mit der Errichtung neuer Stallungen, die später mehr als 400 Pferde aufnahmen. Hinzu kam 1951 die Inbetriebnahme einer neuen Beleuchtungsanlage, eines Kasinos sowie eines Restaurants und Wettschaltern in der wiederaufgebauten Tribüne. 1952 überstiegen die Geldpreise an 59 Renntagen erstmals die Eine-Million-DM-Grenze.
1950er Jahre
1953 wurde eine Zielfotoanlage installiert. Im gleichen Jahr wurde das Gelände der Trabrennbahn dem neugegründeten Stadtteil Feldmark zugeordnet. 1954 kam aus Anlass des 80-jährigen Bestehens des Trabersports das Deutsche Traber-St. Leger ins Programm, benannt nach Anthony St. Leger, der das englische Pendant 1776 gegründet hatte. Hierdurch gewann die Gelsenkirchener Trabrennbahn an Ansehen. 1956 wurde hier erstmals ein Trabrennen in Deutschland per Startauto, einem umgebauten Adenauer-Mercedes, begonnen. Zudem ging in diesem Jahr eine neue fotografische Zeitmessanlage in Betrieb. Ergänzt wurde das Rennbahngelände 1957 mit der Errichtung eines Teehauses neben der Tribüne, das mit Wärmestrahlung beheizt wurde.
1960er Jahre
1962 kam es nach Abschluss eines Erbbaurechtsvertrages mit der Stadt Gelsenkirchen zur Modernisierung der Rennbahn. So wurden unter anderem die Zielgerade von zwanzig auf 24 Meter verbreitert, die Kurven erhöht und eine leistungsfähigere Flutlichtanlage installiert. Die heutige 17 Meter hohe Tribüne kam 1965 zur bisherigen, alten Tribüne hinzu. Die zu dieser Zeit größte, geschlossene Tribüne Europas wurde von Arbeitern aus zwölf Ländern erbaut, und bot auf 112 Metern Länge und 16 Metern Breite 8.600 Besuchern Platz. 1979 wurde sie um tausend Plätze erweitert. Ebenfalls 1965 wurde der 1926 umgestellte Linkskurs wieder auf einen Rechtskurs zurückgestellt. 1968 wurden im Tribünengebäude 150 Fernsehgeräte angebracht, um auch von ungünstigen Stellen aus das Rennen verfolgen zu können. Ein Jahr darauf installierte eine schwedische Firma das elektronische Toto, das am 1. Mai 1969 in Betrieb genommen wurde. Die große elektronische Anzeigetafel gegenüber der Tribüne zeigte die aktuellen Renn- und Wettverläufe. In den 1960er Jahren warb Gelsenkirchen mit dem Slogan Stadt der tausend Rennpferde für sich als prosperierende Metropole.
1970er Jahre
1971 wurden Stall- und Trainingsgelände überholt. Das Elite-Rennen wurde 1975 als ständige Prüfung des Grand Circuit International anerkannt. 1976 baute man die schwarze Schlackenrennbahn in eine Naturbahn mit hellem Sand um, zudem nannte sich der Verein ab diesem Zeitpunkt Trabrennverein Gelsenkirchen.
1980er Jahre
In den 1980er Jahren arbeiteten rund 60 Festangestellte und knapp 300 Teilzeitkräfte im GelsenTrabPark, dazu kamen etwa 35 Trainer mit etwa 140 Helfern und Auszubildenden in den Stallungen. 1982 wurden weitere 300 Pferdeboxen sowie eine Tierklinik errichtet. Mit dem Gold-Pokal fand 1984 das mit einer Millionen DM höchstdotierte Trabrennen Europas und des Jahres in Gelsenkirchen statt. Die alte Holztribüne mit Ursprung im Jahr 1926 wurde 1986 abgerissen. Bis dahin gab es zwischen 1965 und 1986 beide Tribünen nebeneinander. Im Jahr des 75-jährigen Bestehens kamen knapp 600.000 Besucher, der Totalisatorsumsatz betrug 1987 fast 60 Millionen DM. Zwei Jahre später wurde die erste Nacht des Pferdes zu Gunsten des Kinderhilfswerkes UNICEF veranstaltet. Es gab in den 1980er und 1990er Jahren etwa 90 Renntage pro Jahr. Das damals wohl beste europäische Pferd Ourasi, das mehrfach den Prix d’Amérique im Hippodrom in Vincennes gewann, lief in Gelsenkirchen erstmals im Ausland.
1990er Jahre
Das 40.000 Trabrennen wurde 1990 gestartet. Gelsenkirchen wurde zur umsatzstärksten Rennbahn Deutschlands. 1992 fand die Umbenennung in die heutige Bezeichnung als GelsenTrabPark statt. Auf der jetzt geschlossenen Halde Zollverein wurde eine Trainingsstrecke für die Traber eingerichtet, die mit ihrem Höhenprofil einzigartig war.
Insolvenz nach der Jahrtausendwende
Nachdem der Trabrennverein Siegerprämien schuldig blieb, wurde er von Trainern und Züchtern im Februar 2002 boykottiert. Schließlich meldete man am 26. März 2002 Insolvenz an. Ein Düsseldorfer Unternehmer und Stallbesitzer nahm sich der insolventen Trabrennbahn an. Der Verein gründete sich neu und musste im November 2005 erneut in die Insolvenz. Der Grund lag, wie bei zwölf anderen Vereinen in Deutschland auch, am Totalisator-System. Man lebte nur von der Wette, und nicht, wie bei anderen Sportarten, von Sponsoren. Je mehr Besucher wetteten, desto mehr Wettumsatz, höhere Wettgewinne und Geld für immer üppigere Siegerprämien. Diese flossen jedoch zu einem erheblichen Anteil ins Ausland. Dennoch wurde an hohen Rennpreisen festgehalten, das zum Absagen unrentabler gewordener Renntage führte und schließlich mit geringeren Besucherzahlen ein größerwerdendes Defizit zur Folge hatte.
2006 übernahm die Win Race Pferderennen Vermarktungs GmbH neben fünf weiteren Vereinen auch die Trabrennbahn Gelsenkirchen. Dahinter stehen die Inhaber des Trabergestüts Lasbeck bei Hamburg mit etwa 30 Rennpferden. Dieses Gestüt in Lasbek aus dem Jahre 1915 umfasst heute etwa 140 Hektar Land. Win Race steckte eine Anschubfinanzierung von knapp zehn Millionen Euro in den GelsenTrabPark, was bis heute in kleinen Schritten wieder zu Erfolgen geführt hat.
GelsenTrabPark heute
Die Bahnlänge beträgt 1.200 Meter. Das gesamte Geläuf erstreckt sich auf einer Fläche von 525 mal 225 Metern. Die Renndistanzen betragen 2.600, 2.000 und 1.609 Meter. Der Bahnrekord liegt bei 1:10,9 auf der Distanz von 1.609 Metern und wurde von Whammer am 8. Juli 2000 aufgestellt. Das erweiterte Tribünenhaus bietet 9.600 Plätze. Es gibt eine elektronische Toto-Anzeige, Video auf LED-Leinwand, eine 1.000 Meter lange Trainingsbahn, Stallungen mit 300 Boxen und eine Tierklinik. Dazu stehen 4.000 Parkplätze zur Verfügung.
Renntage sind donnerstags, freitags und sonntags, außerdem kann auch beim Training zugeschaut werden. Das Traber-St. Leger findet immer am dritten Sonntag im September statt. Stets am 1. Mai findet der Bild-Pokal statt, der mit etwa 300.000 Euro dotiert ist und ein Show- und Rahmenprogramm beinhaltet. Die Erlöse des jährlichen Schalke hilft!-Renntages geht an soziale Einrichtungen.
Der Vorplatz wird an rennfreien Tagen auch als Flohmarkt genutzt.
Literatur
- Ralf Rydzynski, Philipp Stark, Andreas Willmes; Win Race Pferderennen Vermarktungs GmbH (Hrsg.): 100 Jahre Spitzensport auf der Trabrennbahn Gelsenkirchen. 2012.
Lagekarte
Weblinks
Thematisch passender Thread im Forum
- Beschreibung dieser Sehenswürdigkeit auf der Route der Industriekultur
- Webseite der Gelsentrab