Gerd Faltings

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Gerd Faltings

Gerd Faltings (* 28. Juli 1954 in Gelsenkirchen-Buer) ist ein Mathematiker und einziger deutscher Träger der Fields-Medaille. Er ist Direktor am Max-Planck-Institut für Mathematik und beschäftigt sich hauptsächlich mit diophantischen Gleichungen, Modulräumen und p-adischen Galois-Darstellungen.

Biografie

Faltings wuchs in einem naturwissenschaftlich orientierten Elternhaus auf. Sein Vater, Volkert Faltings, war Physiker, seine Mutter Chemikerin und die Familie lebte in der Backemstraße im Ortsteil Erle[1]. Schon als Schüler am Max-Planck-Gymnasium fiel er durch mathematische Höchstleistungen auf und gewann zweimal im Bundeswettbewerb Mathematik.

Nach dem Studium der Mathematik und Physik an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster (1972–1978), Diplom und Promotion bei Hans-Joachim Nastold zum Dr. rer. nat. (1978) mit seiner Arbeit Über Macaulayfizierung ging er mit einem Stipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft für ein Jahr an die Harvard University und habilitierte sich (1981) in Münster.

1982 wechselte er an die Universität Wuppertal und wurde im Alter von 27 Jahren der damals deutschlandweit jüngste ordentliche Professor für Mathematik.

1983 erregte Faltings mit einer 17-seitigen Schrift über sogenannte algebraische Kurven Aufsehen in der mathematischen Fachwelt. In dieser Arbeit mit dem Titel Endlichkeitssätze für Abelsche Varietäten über Zahlkörpern beweist er, dass auf bestimmten algebraischen Kurven nur eine endliche Zahl von Punkten mit rationalen Koordinaten liegen kann, eine Vermutung des britischen Mathematikers Louis Mordell – die sogenannte Mordellsche Vermutung – aus dem Jahre 1922, die also 60 Jahre ungeklärt war.[2] Er beweist in diesen Arbeiten gleichzeitig die Shafarevich-Vermutung und benutzt die Arakelov-Geometrie. 1986 wurde ihm für diesen Durchbruch in der algebraischen Geometrie die Fields-Medaille verliehen – die höchste Auszeichnung in der Mathematik und mit einem Nobelpreis in anderen Disziplinen vergleichbar.

1985 ging Faltings für längere Zeit in die USA und forschte und lehrte an der Universität Princeton, behielt aber eine Gastprofessur in Wuppertal. Dies löste in der Öffentlichkeit eine Debatte über die Attraktivität des Forschungsstandortes Deutschland für junge Wissenschaftler aus.

1994 kehrte Faltings nach Deutschland zurück und wurde Wissenschaftliches Mitglied am Max-Planck-Institut für Mathematik in Bonn, an dem er ab 1995 auch einen der Direktionsposten übernahm. Seine Hauptarbeitsgebiete sind Diophantische Gleichungen, Modulräume und p-adische Galoisdarstellungen.

Auch zur Lösung der sogenannten Fermatschen Vermutung durch den britischen Mathematiker Andrew Wiles hat Faltings Erhebliches beigesteuert.

Neben Fachliteratur hat Faltings auch eine für Nicht-Mathematiker verständliche Aufsatzsammlung als Einführung in die moderne Mathematik herausgegeben.

Im Jahr 1992 wurde Faltings zum Mitglied der Leopoldina gewählt. 1999 wurde Faltings in die Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften und der Künste gewählt, 2014 in die Academia Europaea.

Ehrungen

  • 1986: Fields-Medaille (Plenarvortrag: Recent progress in arithmetic algebraic geometry.)
  • 1988–1989: Guggenheim-Stipendium
  • 1994: Invited Speaker auf dem Internationaler Mathematikerkongress (Mumford-Stabilität in der algebraischen Geometrie.)
  • 1996: Gottfried-Wilhelm-Leibniz-Preis
  • 2008: Karl-Georg-Christian-von-Staudt-Preis
  • 2009: Bundesverdienstkreuz I. Klasse für seine herausragenden Leistungen und Forschungsergebnisse auf dem Gebiet der Mathematik
  • 2010: Heinz Gumin Preis für Mathematik der Carl Friedrich von Siemens Stiftung[3]
  • 2012: Verleihung der Ehrendoktorwürde der Universität Münster[4]
  • 2014: König-Faisal-Preis
  • 2015: Shaw Prize gemeinsam mit Henryk Iwaniec
  • 2016: Auswärtiges Mitglied der Royal Society
  • 2017: Georg-Cantor-Medaille der Deutschen Mathematiker-Vereinigung
  • 2018: Auswärtiges Mitglied der National Academy of Sciences

Literatur

  • Faltings (Hrsg., Einleitung): Moderne Mathematik. Spektrum, Akademie Verlag (Reihe Verständliche Forschung), Heidelberg, Berlin, Oxford 1996, ISBN 3-8274-0025-2.
  • Faltings, Gisbert Wüstholz (Hrsg.): Rational points. Vieweg 1984.
  • Gerd Faltings: Die Vermutungen von Tate und Mordell. In: K. Jacobs unter Mitwirkung von P. L. Butzer, U. Felgner, W.-D. Geyer, J. Stoer (Hrsg.): Jahresbericht der Deutschen Mathematiker-Vereinigung. Bd. 86, Nr. 1, B. G. Teubner, Stuttgart 1984, ISSN 0012-0456, S. 1–13 (PDF ; Stand: 2010-09-09).
  • Gerd Faltings: Endlichkeitssätze für abelsche Varietäten über Zahlkörpern. Beweis Mordell Vermutung. In: Inventiones mathematicae. Bd. 73, Springer Verlag, Berlin, Heidelberg [u. a.] 1983, S. 349–366, doi:10.1007/BF01388432 (Onlineviewer des Göttinger Digitalisierungszentrums, abgerufen am 9. September 2010).

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Adressbuch Gelsenkirchen 1966
  2. Der entsprechende Satz für ganzzahlige Punkte wurde schon in den 1920er Jahren von Carl Ludwig Siegel bewiesen. Die Version der Mordellvermutung für Funktionenkörper bewiesen Yuri Manin und Hans Grauert in den 1960er Jahren. Für Zahlkörper gibt es seit Ende der 1980er Jahre auch einen alternativen Beweis von Vojta.
  3. Heinz Gumin Preis für Mathematik der Carl Friedrich von Siemens Stiftung. Auf: carl-friedrich-von-siemens-stiftung.de.
  4. „Wie ein Nobelpreisträger aus Münster“. Auf: uni-muenster.de.