Glas- und Spiegel-Manufactur
Die Glas- und Spiegel-Manufactur A. G. war eine Fabrik zur Herstellung von Glasprodukten. Sitz der Firma war an der Uechtingstraße im Ortsteil Schalke.
Gründung
Am 22. Januar 1873 wurde die Glas- und Spiegel-Manufactur A. G. in Schalke gegründet und am 28. Februar 1873 mit einem Aktienkapital von 1,2 Millionen Talern in das Handelsregister eingetragen.
Die Gründer der A. G. waren:
- Friedrich Grillo, Essen,
- Jakob Loeb Eltzbacher, Bankier, Köln,
- Julius Joest, Köln,
- Theodor Movius, Bankdirektor, Köln.
Der erste Aufsichtsrat bestand aus:
- Friedrich Grillo, Essen, als Vorsitzender,
- Theodor Movius, Köln, stellvertretender Vorsitzender,
- Dr. Adolf Arndt, Schalke,
- Ludwig von Born, Essen,
- Jakob Loeb Eltzbacher, Köln,
- Julius Joest, Köln,
- Heinrich Mönting, Schalke,
- Friedrich Schmalbein, Köln,
- Wilhelm Schürenberg, Essen.
Der Aufbau und die Leitung des Werkes wurde Direktor Christoph Schimpf übertragen. In der ordentlichen Generalversammlung am 25. Juni 1875 berichtet Herr Schimpf über das Geschäftsjahr 1874 u. a. daß es gelungen ist, nahezu alles, dem ursprünglichen Programme gemäß zur Ausführung zu bringen und konstatiert, daß die in Angriff genommenen inneren und äußeren Bauten im Laufe des Jahres 1874 zum größten Teil vollendet worden sind. 17 Wohngebäude wurden für 80 Familien gebaut. Außerdem waren 2 Menagen zur Aufnahme von etwa 200 unverheirateten Arbeitern schon 1873 erbaut worden. Mühlengebäude, Poterie, Gießhalle für dünnes Rohglas, Gießhalle für dickes resp.Spiegelglas, Schleif- und Polierhalle, Maschinen- und Kesselhaus waren im Rohbau schon am Ende 1873 vollendet.
Geschichte
Am 31. Dezember 1874 waren bereits 429 Schmelztiegel fabriziert und am 22. September 1874 wurde das erste dünne Rohglas gegossen. Anfangs 1875 wurde auch die Anlage zum Gießen von dickem Rohglas bzw. Spiegelglas und die Schleif- und Polieranlagen in Betrieb genommen.
1875 wurden durch einen Brand in der Poterie sämtliche Schmelztiegel zerstört, so daß bis Ende 1876 mit fremden Tiegeln, gearbeitet werden mußte.
1880 war das erste Gewinnjahr und es wurden neue Rundschleif- und Savonierapparate zur Modernisierung beschafft.
1882 wurde erstmals Rohglas von 3 bis 4 mm Stärke in Deutschland von Schalke gewalzt. Moritz Großbüning (* 1862 † 1937) trat im Jahre 1885 in die Firma ein. Am 1. Oktober 1894 wurde ein gemeinschaftliches Verkaufsbüro für Spiegelglas in Köln gegründet.
Nachdem 1891 der Plan zur Errichtung eines Zweigwerkes in Dorsten erwogen und 1892 ein Schleifbetrieb dort eingerichtet und in Betrieb genommen worden war, wurde 1896 auch eine Spiegelglas-Gießerei in Dorsten eingerichtet, die aber 1913 stillgelegt und am 1. Oktober an die neu gegründete Gesellschaft Dorstener Glashütte A. G. verkauft wurde. 1897 erhielt Schalke neue und moderne Schleif- und Poliermaschinen. 1898/99 wurde in Schalke eine Anlage zur Herstellung von Draht-, Ornament-, Roh-, Kathedral- und Farbenglas errichtet.
Der erste Weltkrieg brachte schwere Rückschläge. Durch Einberufung eines großen Teiles der Belegschaft zum Militärdienst und Mangel an Rohstoffen und Kohle mußte die Herstellung von Spiegelglas vollständig eingestellt werden. Nur der Gußglasbetrieb konnte während des Krieges aufrecht erhalten werden. 1918 wurde die Spiegelglasfabrikation wieder aufgenommen, mußte aber im November wieder eingestellt werden, da die belgischen Meister und Facharbeiter zu dieser Zeit die Arbeit niederlegten und in ihre Heimat abreisten. 1919 konnte die Nachfrage nach Spiegelglas infolge absolut ungenügender Zuteilung an Kohle und Rohstoffen nicht befriedigt werden.
Durch die Ruhrbesetzung trat eine solche Erschöpfung der Rohstoffreserven ein, daß der Betrieb am 31. Oktober 1923 vollständig eingestellt werden mußte.
1924 trat Dr.-Ing. Georg Herrmann als Vorstandsmitglied in die Firma ein. Im Februar konnte der Betrieb in kleinen Teilen wieder aufgenommen werden und Mitte des Jahres 1924 war auch der Spiegelglasbetrieb wieder in Gang.
Entscheidend für die weitere Entwicklung des Werkes war das 1931, in dem die Stilllegung des Spiegelglasbetriebes und die Übertragung der Quote an die Spiegelglashütte Germania in Porz erfolgte. Am Gewinn der Germania wurde Schalke pro rata seiner Syndikatsquote beteiligt.
1937 schied Herr Großbüning nach 50jähriger Dienstzeit aus dem Vorstand aus und wurde in den Aufsichtsrat gewählt, verstarb aber im gleichen Jahr. Die Leitung des Werkes übernahm wieder Dr. Herrmann. Im gleichen Jahre wurde die Herstellung von Gußglas auf das kontinuierliche System nach Boudin umgestellt, wofür die Lizenz von der Societe Anonyme des Manufactures des Glaces et Produits Chimiques de Saint Gobain, Chauny & Cirey, Paris, erworben wurde.
Der Ausbruch des zweiten Weltkrieges brachte keine Betriebseinschränkung. Die eingezogenen männlichen Arbeitskräfte konnten durch weibliche ersetzt werden. Während des Krieges konnte Schalke 30 Prozent des Bedarfs an Drahtglas im Großdeutschen Reich decken. Mehrfach wurde das Werk im Krieg durch Sprengbomben getroffen, bis am 6. November 1944 mit der gesamten Schalker Industrie auch die Glashütte schwer getroffen wurde. 146 Spreng- und tausende von Brandbomben machten das Werk zu einer vollständigen Ruine und bewirkten durch Zerstörung fast aller Fabrikgebäude, Maschinen, Öfen und Wohnhäuser die vollständige Betriebseinstellung. Nach Wiederinstandsetzung von primitiven Wohngelegenheiten, dem Wiederaufbau der nötigsten Fabrikgebäude, der Schmelz- und Kühlöfen, war im Juni/Juli 1945 alles zur notdürftigen Inbetriebnahme von 2 Ofen-Aggregaten bereit. Im Oktober konnte die erste, im November 1945 die zweite Anlage in Betrieb gehen. 1948 waren bereits 3 kontinuierliche Anlagen zur Herstellung von weißem Gußglas und 1 Hafenofen für farbiges Kathedralglas in Betrieb.
1950 wurde die Fabrikation von Opakglas in den Farben schwarz„ weiß, beige, pastellgrün und grau aufgenommen. Ebenfalls 1950 wurde eine Anlage zur Herstellung von Preßglas für Bauzwecke in der ehemaligen Spiegelglashalle erstellt. 1950 wurde eine Lizenz der Libbey-Owens-Ford Glass Company, Toledo USA, zur alleinigen Herstellung von Thermopane-Mehr-Scheiben-Isolierglas (Mehrscheiben-Isolierglas ) für Deutschland erworben. Die Anlage hierzu wurde im Jahre 1951 und 1952 errichtet und konnte im August 1952 die Produktion aufnehmen.
Am 29. März 1951 verstarb der Vorstand, Dr.-Ing. Georg Herrmann, An seine Stelle trat interimistisch das Aufsichtsratsmitglied Dr. Ernst Hoppe, Köln, bis ab 1. Oktober 1951 Dr. Werner Wodrich zum Vorstand und Herr Obering. Fritz Eggers zum stellvertretenden Vorstand berufen wurden.

1963 wurde einer neuen Glashütte errichtet.
Seit 1977 war die Vereinigte Glaswerke GmbH, Aachen, mit der Mehrheit am Aktienkapital an der Gesellschaft beteiligt. Die COMPAGNIE DE SAINT-GOBAIN, PARIS, hat 1977 durch ihre Zweigniederlassung Deutschland, in Aachen mitgeteilt, daß sie ihrerseits mit Mehrheit an der Vereinigte Glaswerke GmbH, Aachen, beteiligt ist und ihr somit eine Mehrheitsbeteiligung an dem Unternehmen gehört, und im selben Jahr hat die Gesellschaft mit der Vereinigte Glaswerke GmbH, Aachen, einen Beherrschungsvertrag abgeschlossen.
Schließung
Aufgrund des Beschlusses in der Aufsichtsratssitzung vom 20. Oktober 1983 wurde die Produktion von Gußglas. U-Glas und Glassteinen im März/April 1984 eingestellt. Das verbliebene Lager wurde zum größten Teil durch Kundenaufträge abgebaut.
Der Rest wurde per 31. Dezember 1984 von der Vegla-Polder übernommen, so daß es bei der Aktiengesellschaft am Jahresende keine Lagerbestände in Gußglas, U-Glas und Glassteine mehr gab. Bei der Gesellschaft verblieben noch die Perlenproduktion und die Verwaltung der Grundstücke. Von den stillgelegten Werkshallen konnte bis Ende 1984 rund ein Drittel vermietet werden.
Die Gußglas- und U-Glas•Produktion lief bis zum 15.3. 1984. Glassteine wurden bis zum 19.4. 1984 produziert.
Ab 1986/87 wuchs die Doblinger Unternehmensgruppe durch Übernahme der Glas- und Spiegel-Manufactur Gelsenkirchen-Schalke A.G.
1987 wurden die Gebäude der Glas- und Spiegel-Manufaktur Schalke in Schalke abgerissen.
Weblinks
Thematisch passender Thread im Forum
Quellen
- Auszüge aus dem Geschäftsbericht 1984
- http://www.albert-gieseler.de/dampf_de/firmen4/firmadet48314.shtml
- Gelsenkirchen in alter und neuer Zeit, Band 5, 1953, Herausgeber Heimatbund Gelsenkirchen