Harald zur Hausen
Harald zur Hausen (* 11. März 1936 in Gelsenkirchen-Buer; † 28. Mai 2023 in Heidelberg [1]) war ein deutscher Mediziner. Am 6. Oktober 2008 wurde ihm der Nobelpreis für Physiologie oder Medizin zuerkannt.[2]
Leben
Harald zur Hausen wurde am 11. März 1936 als Sohn von Eduard und Melanie zur Hausen in Gelsenkirchen-Resse geboren. Er hat deutsche und lettische Wurzeln. 1950 zog die Familie nach Vechta um. Er wuchs auf dem Resser Hof Drießen, Osterkampsweg 31, auf.[3][4]
Zur Hausen besuchte zunächst das Max-Planck-Gymnasium und legte dann 1955 das Abitur am Gymnasium Antonianum in Vechta ab. Er studierte Medizin an den Universitäten Bonn, Hamburg und Düsseldorf und wurde 1960 in Düsseldorf promoviert. Anschließend arbeitete er zunächst zwei Jahre als Medizinalassistent und danach drei Jahre als wissenschaftlicher Assistent am Institut für medizinische Mikrobiologie der Universität Düsseldorf. Es folgten dreieinhalb Jahre an den Virus Laboratories des Children’s Hospital of Philadelphia. Zur Hausen war zudem Assistant Professor an der University of Pennsylvania. 1969 habilitierte er sich an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg, wo er am Institut für Virologie arbeitete. 1972 wurde er als Professor auf den neu gegründeten Lehrstuhl für Klinische Virologie an der Universität Erlangen-Nürnberg berufen, 1977 folgte er einem Ruf auf den Lehrstuhl für Virologie und Hygiene an die Universität Freiburg.
Von 1983 bis 2003 war Harald zur Hausen Vorsitzender und Wissenschaftliches Mitglied des Stiftungsvorstands des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) in Heidelberg. Unter zur Hausens Führung erweiterte das Krebsforschungszentrum, das über keine klinischen Bettenabteilungen verfügt, erheblich seine Zusammenarbeit mit einzelnen Universitätskliniken: Sogenannte Klinische Kooperationseinheiten sichern die Verzahnung von Grundlagenforschung und klinischer Medizin, um Forschungsergebnisse so schnell wie möglich in die Praxis zu übertragen.
Von 2007 bis 2011 gehörte zur Hausen dem Wissenschaftlichen Beirat des Zukunftskollegs der Universität Konstanz an.
Zur Hausen war bis Ende 2010 Chefredakteur des International Journal of Cancer.
Seit 1993 war er mit der Professorin Ethel-Michele de Villiers verheiratet, die ebenfalls am Deutschen Krebsforschungszentrum arbeitet. Zur Hausen hatte drei Söhne aus erster Ehe. Bis zu seinem Tod lebte er mit seiner Frau in Heidelberg.
Forschungsgebiete
Zur Hausens spezielles Forschungsgebiet war die Entstehung von Krebsarten aus Virusinfektionen. Bereits 1976 publizierte er die Hypothese, dass humane Papillomviren (Warzenviren) eine Rolle bei der Entstehung von Gebärmutterhalskrebs (Zervixkarzinom) spielten. Aus dem Verdacht wurde bald experimentell untermauerte wissenschaftliche Gewissheit. Anfang der 1980er Jahre konnte er mit seiner Arbeitsgruppe erstmals die Typen HPV 16 und HPV 18 des humanen Papillomvirus aus an Gebärmutterhalskrebs erkranktem Gewebe isolieren. Die Entdeckung des Auslösers der bei Frauen dritthäufigsten Krebserkrankung eröffnete völlig neue Perspektiven der Vorbeugung und Behandlung und führte letztlich zur Entwicklung von HPV-Impfstoffen, die seit 2006 verfügbar sind.
Zur Hausen befasste sich 2014 mit der Frage, ob durch Ernährung mit Rindfleisch beim Menschen Krebs induziert werden kann (Bovine Meat and Milk Factors): „Das war der Ausgangspunkt der Idee, dass bei Tieren auch solche Virusinfektionen vorliegen könnten, die bei ihnen selbst nicht kanzerogen sind, die aber, wenn sie auf den Menschen übertragen werden, unter Umständen Krebs auslösen können.“
Ehrungen und Auszeichnungen
2008 wurde Harald zur Hausen zusammen mit dem Franzosen Luc Montagnier und der Französin Françoise Barré-Sinoussi der Nobelpreis für Physiologie oder Medizin zuerkannt.
Für seine fachlichen Leistungen wurde Harald zur Hausen ferner mit zahlreichen weiteren Preisen ausgezeichnet, u. a. mit dem Robert Koch-Preis (1975), dem Charles S. Mott Prize der General-Motors Krebsforschungs-Stiftung (1986), dem Deutschen Krebspreis (1986), dem Paul-Ehrlich-und-Ludwig-Darmstaedter-Preis (1994), der Behring-Lecture der Philipps-Universität Marburg (1994), dem Ernst Jung-Preis und der Jacob-Henle-Medaille (1996), dem Charles Rodolphe Brupbacher Preis für Krebsforschung gemeinsam mit George Klein (1999), dem Prinz-Mahidol-Preis (2005), dem William B. Coley Award (2006), dem Raymond Bourgine Award (2006), der Loeffler-Frosch-Medaille (2007), dem Deutsche Krebshilfe Preis (2007), der Johann-Georg-Zimmermann-Medaille (2007), dem Warren Alpert Foundation Prize (2007), dem Gairdner Foundation International Award (2008), dem „Award for Lifetime Achievement in Cancer Research“ der American Association for Cancer Research (2008), dem Tsungming-Tu-Preis (2011) und dem Ernst Wertheim Preis (2012).
Außerdem wurde ihm die Ehrendoktorwürde der Universitäten Chicago (USA), Umeå (Schweden), Prag (Tschechien), Salford (England), Helsinki (Finnland), Erlangen-Nürnberg, Würzburg und Jerusalem verliehen. Er ist neben anderen Organisationen Mitglied der US-amerikanischen National Academy of Sciences, seit 1986 ordentliches Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, seit 1987 Mitglied und von 2003 bis 2009 Vizepräsident der Akademie der Naturforscher Leopoldina. 1990 wurde er als ordentliches Mitglied in die Academia Europaea aufgenommen. 1998 wurde er Mitglied der American Philosophical Society. 2017 wurde er zum Fellow der American Association for the Advancement of Science gewählt. Im April 2004 wurde ihm das Große Bundesverdienstkreuz verliehen. 2006 erhielt Harald zur Hausen die Verdienstmedaille des Landes Baden-Württemberg. Am 4. November 2008 wurde er zum Ehrenbürger der Gemeinde Wald-Michelbach ernannt, wo er lebt. Gleichzeitig wurde ihm auch der Titel Botschafter der Bergstraße verliehen.
Vom 1. Januar bis zum 1. Juli 2010 war Harald zur Hausen als Nachfolger von Dagmar Schipanski als ehrenamtlicher Präsident der Deutschen Krebshilfe tätig. Von Anfang Januar 2014 bis Ende Januar 2017 war er ferner Vorsitzender des Stiftungsrates der Paul Ehrlich-Stiftung, die den Paul-Ehrlich-und-Ludwig-Darmstaedter-Preis vergibt.
Am 1. Juli 2020 wurde er mit dem Verdienstorden des Landes Nordrhein-Westfalen ausgezeichnet.
Seit 2024 erinnert auf dem Gelsenkirchen Walk of Fame eine Bodenplatte an Harald zur Hausen.
Werke (Auswahl)
- Gegen Krebs – die Geschichte einer provokativen Idee. Rowohlt 2010. ISBN 978-3-498-03001-8
- Was tun gegen Krebs? Audio-CD, 76 Minuten. Konzeption und Regie: Klaus Sander. Erzähler: Harald zur Hausen. Berlin: supposé 2008. ISBN 978-3-932513-84-8
- Infections Causing Human Cancer. Weinheim: Wiley-VCH 2006. ISBN 978-3-527-31056-2
- Genom und Glaube. Der unsichtbare Käfig. Berlin: Springer 2001.
- Papillomviren und Krebserreger, Geburtshilfe und Frauenheilkunde 58 (1998) 291–296
Weblinks
Thematisch passender Thread im Forum
- „Impft auch die Jungs!“ Interview mit Harald zur Hausen über den Impfstoff Gardasil
- science-connections Interviews, Lebenslauf, ausgewählte Lectures mit Harald zur Hausen
- C. Eberhard-Metzger und S. Seltmann: Harald zur Hausen – Nobelpreis für Medizin 2008. (PDF; 10,9 MB) Deutsches Krebsforschungszentrum (Herausgeber)
- auf Munzinger.de
- Gelsenkirchener Persönlichkeiten
Einzelnachweise
- ↑ Nobelpreisträger Harald zur Hausen gestorben. In: lifepr.de. 29. Mai 2022
- ↑ Nobelpreisträger 2008
- ↑ Artikel der WAZ
- ↑ Adressbuch Gelsenkirchen 1939
Personendaten | |
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NAME | Hausen, Harald zur |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Virologe und Nobelpreisträger |
GEBURTSDATUM | 11. März 1936 |
GEBURTSORT | Gelsenkirchen |
STERBEDATUM | 28. Mai 2023 |
STERBEORT | Heidelberg |