Heinrich Schnee

Aus Gelsenkirchener Geschichten Wiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Dr. phil. Heinrich Schnee (* 7. Dezember 1895 in Rydzyna(Reisen), Kreis Lissa, preußische Provinz Posen; † 11. Januar 1968 in Bonn) war ein deutscher Historiker.[1]

Leben

Der aus einfachen Verhältnissen stammende Schnee studierte Philosophie, Geschichte, Germanistik, Neuere Sprachen, Öffentliches Recht und Staatswissenschaften an der Akademie Posen, dann an den Universitäten Breslau, Münster, Cambridge, Paris und Bonn. Aufgrund einer Lungenerkrankung entging er der Teilnahme am Ersten Weltkrieg (im Zweiten Weltkrieg konnte er Unabkömmlichkeitserklärungen beibringen). 1923 wurde er an der Universität Breslau bei Robert Holtzmann mit einer Dissertation zum Thema Das Verhältnis Schlesiens zum Deutschen Reich 1648–1806 zum Dr. phil. promoviert.

Nach Bildungsreisen in England und Frankreich zog Schnee ins Ruhrgebiet. Nach vorübergehenden Beschäftigungsverhältnissen in Hüls, Ahlen und an einem Gelsenkirchener Realgymnasium wechselte er im April 1932 ans Schalker Gymnasium. An dieser 1933 zum "Adolf-Hitler-Gymnasium" umbenannten Schule sollte er bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs lehren. Zuletzt war er Oberstudienrat und stellvertretender Gymnasialdirektor und wohnte in der Von-Scheubner-Richter-Straße 74[2]. Von 1929 bis zu seiner Absetzung 1939 fungierte er zudem als Fachleiter am Gelsenkirchener Bezirksseminar.

Nach dem Zweiten Weltkrieg, an dem er aufgrund eines ärztlichen Attests und einer Unabkömmlichkeitserklärung nicht teilnahm, fand er zunächst eine Anstellung an einer Mädchenschule in Bochum. Ab 1953 wurde er wieder Lehrer in Buer am Max-Planck-Gymnasium und wohnte in der Wanner Straße 27 in Bulmke[3].

Seit Anfang der 1940er erforschte Schnee die Geschichte der sogenannten jüdischen Hoffaktoren, die er als Wegbereiter der jüdischen Emanzipation charakterisierte bzw. implizit denunzierte. Damit trug er zu dem maßgeblich von Walter Frank über sein Reichsinstitut für Geschichte des Neuen Deutschlands propagierten Zerrbild der verschlagenen jüdischen Geldleiher bei. Aufgrund seiner katholischen Einstellung wurde ihm die erhoffte Zustimmung von nationalsozialistischen Programmatikern im Umkreis Franks jedoch verweigert. Mit seiner Sichtweise der Hofjuden sah sich Schnee naturgemäß in starker Konkurrenz zur assimilierten jüdischen Historikerin Selma Stern, die noch in den 1930er Jahren eine Edition zur Geschichte der Juden in Preußen in Arbeit genommen hatte und internationalen Anklang fand. Schnee dagegen beanspruchte in den 1950er und 1960er Jahren hinsichtlich des von ihm geprägten Bildes der Hofjuden erklärtermaßen eine Monopolstellung.

Schnee war vielseitig interessiert und engagiert, wobei ihn auch nach 1945 durchgängig seine spezifische deutsch-nationale Prägung leitete. Er befasste sich mit Journalismus und Theater und schrieb Theaterkritiken. Neben seiner Schultätigkeit arbeitete er u.a. als Dozent an der Volkshochschule. 1956 heiratete er. Drei Jahre später ging er in den Ruhestand und zog nach Bonn, wo er sich gegen Lebensende in seinen Hoffnungen auf eine Honorarprofessur an der dortigen Universität enttäuscht zeigte. Über den Status eines forschenden Privatiers war er somit nie hinausgekommen.

Schnee war seit seiner Studentenzeit Mitglied der katholischen Studentenverbindung Unitas-Breslau im Kartellverband.[4]

Schriften

  • Das Verhältnis Schlesiens zum deutschen Reich im Zeitalter Fr. des Gr. In: Zeitschrift des Vereins für Geschichte Schlesiens. 65, 1931, S. 412–429.
  • Rasse und Geschichte. Grundzüge einer rassewertenden Geschichtsbetrachtung von der Urzeit bis zur Gegenwart. 1936 (unter einem Pseudonym)
  • Die britische Völkerfamilie. 1952.
  • Die Hoffinanz und der moderne Staat. 6 Bände. 1953–1955.
  • Bürgermeister Karl Lueger. 1960.

Literatur

  • Stephan Laux: Heinrich Schnee (1895–1968). Leben und Werk eines Historikers auf «gesamtdeutsch-christlichem Boden». In: Gisela Fleckenstein, Michael Klöcker, Norbert Schlossmacher (Hrsg.): Kirchengeschichte. Alte und neue Wege. Festschrift für Christoph Weber. Frankfurt am Main u.a. 2008, S. 829–854.
  • Stephan Laux: „Ich bin der Historiker der Hoffaktoren“ – Zur antisemitischen Forschung von Heinrich Schnee (1895–1968). In: Simon Dubnow Institute Yearbook. V, 2006, S. 485–514.

Einzelnachweise

  1. Im Internet Portal Westfälische Geschichte
  2. Adressbuch der Stadt Gelsenkirchen, 1939
  3. Adressbuch der Stadt Gelsenkirchen, 1955
  4. KV-Jahrbuch 1965