Stadtgarten Gelsenkirchen

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Der Stadtgarten Gelsenkirchen an der Zeppelinallee wurde 1896 unter dem damaligen Oberbürgermeister Friedrich Wilhelm Vattmann als Volkspark und als erste Anlage dieser Art in Gelsenkirchen auf der Fläche des 1895 erworbenen ehemaligen Bauerhofes Schalke hergerichtet und 1897 der Öffentlichkeit als Kaiser-Wilhelm-Park übergeben. In den Jahren 1901 und 1902, 1912, 1914 und 1918 wurde er jeweils erweitert. 1933 erfolgte nach Plänen des Gartendirektors Ludwig Simon (* 1870 - † 1933) eine Umgestaltung, die in etwa der heutigen Form entspricht. 1944 wurde der Stadtgarten durch Bomben stark zerstört und 1949 wieder instand gesetzt.

2009 wurde im nördlichen Teil des Stadtgartens ein japanischer Garten im Kare-san-sui-Stil errichtet. Im nördlichen Teil wurde ein Lehrgarten zur Geschichte der Blütenpflanzen angelegt. Die Gesamtgröße beträgt rund 22 Hektar, wovon 0,6 Hektar Wasserfläche sind.

Der Stadtgarten lädt zu Spaziergängen, zum Joggen oder einfach zum Entspannen ein. Besonders beliebt bei Jung und Alt ist der Teich mit seinen Fontänen, den Schwänen und Enten.

Zeitleiste

zusammengestellt durch Hans-Joachim Koenen [1]

  • 3. Juli 1895: Erste Beratung der Stadtverordnetenversammlung über die Errichtung
  • 1. August 1895: Beschluss zum Kauf des benötigten Geländes vom Gutsbesitzer August Schalke und der Witwe Heinrich Strunk
  • 1895: Ausschreibung der Stadtgartenplanung
  • November 1895: Die Stadt Gelsenkirchen beauftragt den Stadtgärtner Stefen aus Essen, einen Plan für eine öffentliche Grünanlage zu erstellen
  • 15. Dezember 1895: Für die Ausführung der Stadtgartenplanung wird der Stadtgärtner August Balkenholl angestellt. Bleibt dort bis 7. Juli 1904
  • 1896/97: Die Arbeiten am Stadtgarten gehen zügig voran
  • 19. Februar 1897: Übergabe der 7,96 ha großen Parkanlage an die Öffentlichkeit als Kaiser-Wilhelm-Park Garten
  • 1. April 1897: Die Stadtverordnetenversammlung beschließt für den Bau eines Restaurationsgebäudes einen Wettbewerb auszuschreiben
  • 28. Oktober 1897: Nach den Plänen des Architekten Theodor Bachmann aus Hannover soll der Bau ausgeführt werden
  • 1. Juli 1899: Die fertiggestellte Stadtgarten Restauration wird eröffnet
  • 1899: Neben der Stadthalle wird ein großer Musikpavillon errichtet. Auch das Wohnhaus für den Stadtgartenleiter wird gebaut
  • 1901/02: Erste Erweiterung des Stadtgartens: östliches Drittel zwischen Zeppelinallee - Platanen-Hauptallee - Pappelgrenzweg - Tennisplätzen, 10,16 ha (Entwurf und Ausführung: Balkenholl, Stadtgärtner). Darin ist auch der der Bau des Grottengartens enthalten
  • 1904: Die Säle der Stadthalle werden malerisch von der Firma Manß & Meurer aus Köln ausgeschmückt
  • 1905: Fertigstellung des Rosengartens
  • 1907: Zweite Erweiterung: südliches und westliches Drittel, 5,87 ha (Entwurf und Ausführung: Stadtgartendirektor Ludwig Simon)
  • 1908: Bau eines kleinen Musikpavillons an der Ostseite der Terrasse
  • 1910/11: Bau einer großen Treibhausanlage mit Schauhäusern und Frühbeeten
  • 1912: Zwei Jahre vor Ausbruch des Weltkrieges findet eine dritte Erweiterung um etwa 25 Morgen statt
  • 1912: Bau der Zeppelinallee
  • 1914: lm ersten Kriegsjahr wird ein früheres Klärbecken von etwa 8 Morgen zu gärtnerischen Anlagen umgewandelt und ein Gondelteich ausgehoben. Die Gesamtgröße des Stadtgartens beläuft sich gegen Kriegsende auf rund 73 Morgen
  • 1920: Bau des 3500 m2 großen Botanischen Gartens zwischen Dürerstraße und Schwindstraße
  • 1923/27: In den Jahren 1923/27 wird das südlich der Zeppelinallee, gelegene Gelände in die Erholungsanlagen einbezogen und damit der Stadtgarten auf 25 ha vergrößert
  • 1925/26: Nach der Eingemeindung von Rotthausen erfolgt nach Plänen des Gartendirektors Ludwig Simon eine Umgestaltung unter Einbezug des zugewonnenen Geländes. Bau des Rodelhügels (Simonsberg)
  • Pfingsten 1926: Das Rondell im Eingangsbereich des Südteils erhält einen Brunnen mit der Figur des „ungeschickten Wasserträgers"
  • 25. Juni 1927: Eröffnung des Klubhauses des Gelsenkirchener Tennisklubs auf der neuen Anlage im Stadtgarten
  • 1927: Bau der Unterkunftshalle auf dem Plateau am Ende der Platanenallee
  • 1932: An der Ecke Holbeinstraße / Zeppelinallee entsteht ein Zier- und Dahliengarten
  • 1935: Umbau der Stadthalle zum Stadttheater
  • 1936: Ehemaliger Gondelteich wird zu einer großen Liegewiese mit zwei Planschbecken umgebaut
  • 1936: Der alte botanische Garten muss der fortschreitenden Bebauung weichen, ersteht aber wieder in ähnlicher Form auf dem Gelände des ehemaligen Lehrgartens südlich des Werkhofes
  • 6. November 1944 bis 1945: Totalzerstörung des Stadtgartens nördlicher Teil: 43 Bombentrichter, zwei Luftminen
  • 12. Januar 1945: Das Stadttheater wird durch Bombenangriff zerstört
  • 1947: Umbrechen aller Rasenflächen, aller Stauden-und Jungpflanzungs-Flächen zur Schaffung von Grabeland oder Raum zum feldmäßigen Gemüseanbau. So entstehen rund 200 Parzellen
  • 1949/50: Wiederinstandsetzung und Umgestaltung des Stadtgartens nördlicher Teil. Bau des Pergolenhofes
  • 1950: Auf der Fläche des zweiten Botanischen Gartens ersteht wieder ein Dahliengarten
  • 10. September 1950: Einweihung des Mahnmals zum Gedenken an die „Opfer der Nationalsozialistischen Gewaltherrschaft" auf lnitiative des VNN
  • 18. Juli 1951: Einweihung des neuen Gartenrestaurantes durch OB Robert Geritzmann. Architekt war Ludwig Schwickert. Erster Pächter August Vollmar. Die Fassadengestaltung erfolgte durch Hubert Nietsch
  • 19. bis 22. Juni 1952: Deutsche Tennismeisterschaften auf der Anlage des Gelsenkirchener Tennisklubs
  • 1950 und 1955: Ergänzung und Erweiterung (Entwurf und Ausführung: Ernst Max Gey, Städtischer Gartenbaurat)
  • 16. September 1956: Einweihung des Mahnmals für die Kriegsgefangenen, das auf lnitiative des „Verbandes der Heimkehrer, Kriegsgefangenen und Vermißtenangehörigen“(VdH) errichtet wurde
  • 5. Juli 1957: Festakt anlässlich des 60jährigen Bestehens des Stadtgartens: Kinderchor, Festrede durch Oberbürgermeister Robert Geritzmann
  • 20. Mai 1960: Eröffnung des „Miniatur-Golf" Platzes.
  • 1960: Bau des Wasserspielplatzes mit einem Planschbecken und einem Paddelbecken.
  • 23. Juni 1960: Eröffnung des Wassergartens
  • 1963: Eine Unterführung ersetzt die störende Kreuzung mit Eisenbahntrasse der Rheinische Eisenbahn
  • 29. März 1964: Einweihung des Musikpavillons an der Platanenallee durch die Kapelle der Zeche Consolidation
  • 1970: Angelegt wird ein Heidegarten in der Nähe des Werkhofes
  • 13. Juli 1970: Spatenstich für den Bau des Maritim-Hotels und der Residenz
  • 13. Juni 1972: Das Maritim-Hotel wird offlziell eröffnet
  • 1990: Start der Sommersound-Konzerte
  • Mai 2009: lm Rahmen des bundesweiten Wettbewerbs „Entente Florale" wird der ehemalige Grottengarten zu einem „Japanischen Trockengarten" im Kare-Sansui-Stil
  • Juli 2009: Ebenfalls im Rahmen des bundesweiten Wettbewerbs „Entente Florale" wird unterhalb des Simonsberges der „Stammbaum der Blütenpflanzen" fertiggestellt
  • 2012: Einrichtung eines „Schnullerbaums" im Südteil
  • 9. Juni 2014: Sturmtief „Ela" hinterlässt massive Zerstörungen. Fast 9% des Baumbestandes fallen dem Sturm zum Opfer.
  • 31. Juli 2021: Das Maritim-Hotel wird an die Plaza-Gruppe verkauft und wird geschlossen
  • 2022: Die Gesamtgröße des Stadtgartens beträgt rund 22 Hektar, wovon 0,6 Hektar Wasserfläche sind

Erinnerungsorte

Die Ermordung von "Ostarbeitern" im Stadtgarten

1944 mussten in Gelsenkirchen etwa 40.000 Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter schuften. Sie stammten zumeist aus Osteuropa und waren in Lagern im gesamten Stadtgebiet untergebracht. Am Ende des Zweiten Weltkrieges löste sich die staatliche Ordnung des „Dritten Reiches“ auf. Standgerichte verbreiteten Angst und Schrecken. Auch die Zwangsarbeiter wurden nun von der Bevölkerung als Bedrohung empfunden: Aus Angst vor Rache und zur Abschreckung wurden „Präventivmaßnahmen“ ergriffen.

In Gelsenkirchen kam es in den letzten Kriegstagen zu mehreren Exekutionen von „Ostarbeitern“. Im Stadtgarten wurden noch kurz vor dem Eintreffen der Alliierten neun sowjetische Zwangsarbeiter erschossen und in einem Bombentrichter verscharrt. Ihre Leichen wurden auf Betreiben der Briten im Frühjahr 1946 exhumiert. Die Identität der durch Genickschuss getöteten Opfer konnte nicht geklärt werden. Die Ermittlungen brachten kaum Licht ins Dunkel der Kriegswirren. Als Täter wurde ein SA-Scharführer, der zum „Volkssturm“ gehörte, angeklagt. Wie viele jener Verfahren endete auch dieses – aus Mangel an Beweisen – mit einem Freispruch.

Mahnmal zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus

Am 8. Februar 2018 wurde im Stadtgarten eine Erinnerungsorte-Tafel aufgestellt.

Mahnmal für die deutschen Kriegsgefangenen des Zweiten Weltkrieges

Zehn Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges kehrten im Winter 1955/1956 die letzten 10.000 deutschen Kriegsgefangenen aus der Sowjetunion zurück. Bereits am 16. September 1956 wurde im Gelsenkirchener Stadtgarten ein Mahnmal für die deutschen Kriegsgefangenen eingeweiht. Die Errichtung dieses Mahnmals ging auf die Initiative des „Verbandes der Heimkehrer, Kriegsgefangenen und Vermißtenangehörigen“(VdH) zurück. Unterstützung fand der VdH bei der Stadtverwaltung, den Kirchen, den Parteien, der Polizei, dem Deutschen Roten Kreuz und Kriegsopferverbänden. Es sollte an die vermissten deutschen Soldaten erinnern, von denen viele noch in sowjetischen Gefangenenlagern vermutet wurden.

Zu diesem Zeitpunkt galten noch mehr als 1,5 Millionen Wehrmachtsangehörige als vermisst, darunter auch über 6.000 Personen aus Gelsenkirchen. Enthüllt wurde dieses Mahnmal mit den Worten „Die ihr noch nicht zurückgekehrt seid – wir grüßen euch, die ihr hinter Stacheldraht auf die Freiheit wartet – wir danken euch.“ Die breite Unterstützung, die das Mahnmal in Gelsenkirchen fand, verweist darauf, dass dem Schicksal der deutschen Kriegsgefangenen eine enorme Bedeutung beigemessen wurde. Es galt in den 1950er Jahren als weitaus drängendere Frage als die nach der deutschen Verantwortung für die NS-Verbrechen.

Tatsächlich kehrte nach Januar 1956 kein deutscher Kriegsgefangener mehr aus der Sowjetunion zurück – auch heute ist das Schicksal von über 1,2 Millionen Vermissten des Zweiten Weltkrieges noch ungeklärt.

Mahnmal zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus

Das Mahnmal ist allen Opfern der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft gewidmet. Zwischen den zwölf gemauerten, halbkreisförmig aufgestellten Backsteinsäulen sind die Namen von acht Konzentrationslagern ein­ gelassen. Die im Zentrum des Säulenkreises stehende Inschrift wurde von dem 1948 wiedererrichteten Mahnmal auf dem Friedhof Horst-Süd übernommen, das an die im Kampf gegen den rechtsextremen Kapp­-Lüttwitz-­Putsch im Jahr 1920 ums Leben gekommenen Arbeiter und an die ermordeten Widerstandskämpfer der Jahre 1933 bis 1945 erinnert. Die „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes“ (VVN) regte 1949 den Bau eines zentralen Gedenkortes für alle Opfer des nationalsozialistischen Terrors an. Daraufhin wurde das „künstlerisch wertvolle steinerne Mahnmal“ mit finanzieller und baufachlicher Unterstützung der Stadt Gelsenkirchen „am Kopfende der Platanenhauptallee“ im Stadtgarten errichtet. Diese Zusammenarbeit zwischen Stadtverwaltung und VVN war durchaus umstritten, da der VVN vor dem Hintergrund des Kalten Krieges eine zu starke kommunistische Beeinflussung und eine zu große Nähe zur Sowjetunion vorgeworfen wurden. Unabhängig davon, stellten die Kommunisten allerdings auch die größte Gruppe von politisch Verfolgten in Gelsenkirchen. Trotz aller Konflikte konnte das Mahnmal am 10. September 1950 im Rahmen einer gemeinsamen Gedenkveranstaltung feierlich ein ­geweiht werden. In Anwesenheit von Angehörigen der Opfer sowie von Vertretern der Gewerkschaften und der Stadt wurde es durch die VVN enthüllt. Bürgermeister Karl Hallwaß (KPD) übernahm das Mahnmal als Vertreter von Oberbürgermeister Robert Geritzmann (SPD) in die Obhut der Stadt. Seither dient es als zentrale Stätte für Gedenkveranstaltungen für die Opfer des Nationalsozialismus und für Kundgebungen der Friedensbewegung. Das Mahnmal im Stadtgarten ist fester Bestandteil der Erinnerungskultur Gelsenkirchens.

Lagekarte

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Quellen

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Heimatbund Gelsenkirchen, Sonderheft Heft 31/32: 125 Jahre Stadtgarten Gelsenkirchen