Vestische Straßenbahnen

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Altes Logo der Vestischen Straßenbahn

Die Vestische Straßenbahnen GmbH (kurz Vestische; Eigenschreibweise VESTISCHE) betreibt als Verkehrsunternehmen den öffentlichen Nahverkehr im Kreis Recklinghausen, in der Stadt Bottrop und im nördlichen Teil der Stadt Gelsenkirchen. Der Name der Gesellschaft leitet sich vom ehemaligen Vest Recklinghausen ab.

Geografisch wird das Gebiet zwischen Haltern am See und Herne und von Oberhausen bis Dortmund-Mengede sowie Lünen-Brambauer befahren. Damit ist die Vestische mit etwa 976 km² hinsichtlich des Bedienungsgebietes eines der größten Verkehrsunternehmen Deutschlands. Es betreibt 116 Buslinien mit etwa 242 Fahrzeugen, die mehr als 3600 Haltestellen anfahren. Der mittlere Abstand zwischen ihnen beträgt 509 Meter.

Die Vestische hat einen Personalstamm von 994 Mitarbeitern, darunter sind 33 Auszubildende. Der Sitz der Verwaltung sowie der Hauptbetriebshof befinden sich in Herten; ein weiterer Betriebshof ist in Bottrop.

Die Vestische Straßenbahnen GmbH ist von Beginn an Mitglied im 1980 gestarteten Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR). Im Rahmen der Kooperation östliches Ruhrgebiet (KÖR) arbeitet die Vestische mit den Nachbarunternehmen Bogestra (Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG), DSW21 (Dortmunder Stadtwerke AG), der HCR (Straßenbahn Herne-Castrop-Rauxel GmbH) und der Ruhrbahn zusammen.

Geschichte

Die Verwaltung der Vestischen Straßenbahnen GmbH in Herten-Scherlebeck

Die Anfänge

Die Anfänge des Personennahverkehrs im Ruhrgebiet sind auf das Ende des 19. Jahrhunderts zurückzuführen. Während die Emscher-Lippe-Region bis 1840 noch fast ausschließlich landwirtschaftlich genutzt wurde, erlebte sie mit der einsetzenden Industrialisierung einen wirtschaftlichen Aufschwung.[1]

Der Ansiedlung der Großzechen in der südlichen und nördlichen Emscherzone folgte eine wahre Bevölkerungsexplosion: Während im Jahr 1820 nur 275.000 Einwohner im Ruhrgebiet gezählt wurden, erhöhte sich die Bevölkerungszahl bis 1910 auf schon auf 3½ Millionen Menschen.[1] Zwar wurde ab dem Jahr 1888 viermal täglich ein Pferdeomnibus auf der Strecke Recklinghausen – Herten eingesetzt, jedoch war durch die erhöhte Bevölkerungsdichte die Kapazität weit überschritten.[1] Andere Beförderungsalternativen gab es kaum. Man war zu Fuß oder mit dem Fahrrad unterwegs. Pferde oder gar Kutschen konnten sich nur die wenigsten leisten. Es gab zwar schon seit dem 1. Januar 1870 die Eisenbahnstrecke Wanne – Recklinghausen – Münster, jedoch war sie für die tägliche Nutzung zu weitmaschig angelegt.[2]

Der Startschuss für die Vestischen Straßenbahnen GmbH fiel mit dem Bestreben, die Pferdeomnibus-Strecke durch eine elektrische Straßenbahnverbindung zu ersetzen. Auf Initiative des Landkreises Recklinghausen, unter Führung seines Landrates, kam es am 12. und am 26. Juni 1899 zu einem Gesellschaftsvertrag, der die Beteiligung der interessierten Kommunalverbände an der Finanzierung der geplanten Straßenbahnstrecke regelte.[1] Die Anteilsverhältnisse an den Kosten waren wie folgt festgelegt: Herten 24 %, Kreis Recklinghausen 18 %, Stadt Recklinghausen 17 %, Recklinghausen-Land 17 % Wanne 17 % und Crange 7 %.[2] Die Vestischen Straßenbahnen GmbH beruft sich auf den 10. Mai 1901 für ihren Betriebsbeginn, mit dem ersten Kurs auf der Linie Recklinghausen – Herten – Wanne.[2]

Mit zehn Trieb- und sieben Beiwagen sowie 60 Mitarbeitern wurde der Betrieb aufgenommen. Der Betriebshof wurde in Herten an der Clemensstraße errichtet und beinhaltete neben der Wagenhalle noch die Schmiede, das Magazin, die Schreinerei, das Wachmeisterbüro, sowie einen Waschraum und einen Arbeitsraum für die Arbeiter. Die ersten Wagen besaßen 18 Sitzplätze auf Längsbänken. Zu dem Fahrzeugpersonal gehörte der Fahrzeugführer, sowie ein Schaffner, der für die Entwertung der Fahrscheine zuständig war und den Fahrer über eine Klingel, zu betätigen über ein Lederband befestigt unter der Decke an der Längsseite des Wagens, die Weiterfahrt, den Halt oder einen Notfall signalisierte. Der Fahrpreis betrug damals pro Teilstrecke fünf Pfennig. Die wesentliche Aufgabe der Straßenbahn bestand in dem Transport der Arbeiter zu ihren Arbeitsstätten.[2]

In den Folgejahren bis 1909 verdichtete sich das Liniennetz der Recklinghausener Straßenbahnen, so nannte sich das Unternehmen seit 1908, immer mehr. Teilstrecken wurden gebaut oder von anderen Gesellschaften übernommen. Ein zweiter Betriebshof in Bottrop wurde am 9. Mai 1909 an der Gladbecker Straße eröffnet.[2] Zusätzlich zu der Erstausstattung wurden für die hinzugekommenen Linien 17 Trieb- und elf Beiwagen beschafft.[1] Das Herten-Recklinghausener Netz verfügte im Jahr 1909 über 31,4 km Streckenlänge, das Bottroper Netz über 18,34 km.[2] Diese wurden von je einer Direktion in Bottrop und einer Direktion in Herten verwaltet.[3] Am 1. April 1913 wurden schließlich beide Direktionen in Herten zusammengefasst.[1] Im selben Jahr wurde zur Vereinfachung Linienbezeichnungen eingeführt, wobei dem Hertener Netz Ziffern zugeteilt wurde, während das Bottroper Netz Buchstaben erhielt. Die einzelnen Teilstrecken wurden zu zusammenhängenden Linien verbunden.[1]

Ausfahrt des ehemaligen Betriebshofes in Buer
Der ehemalige Betriebshof der Vestischen Straßenbahnen in Recklinghausen

Linienplan von Anfang Mai 1914[1]

Linie Strecke
1 Wanne – Herten – Recklinghausen – Erkenschwick – Datteln
2 Herten – Buer
3 Recklinghausen – Suderwich – Henrichenburg – Datteln
A Gladbeck – Bottrop – Osterfeld
B Gladbeck – Horst
C Boy – Bottrop-Pferdemarkt – Prosper II

Erster Weltkrieg

Im Jahr 1914 gab es erhebliche Einschränkungen der Fahrleistung, da viele Angestellte den Kriegsdienst antraten. Wegen mangelnden männlichen Personals wurden erstmals auch Frauen für den Betrieb eingesetzt. Sie übernahmen anfangs die Tätigkeiten des Schaffners.[2] In dieser Zeit begann auch der Güterverkehr, der bis 1924 durchgeführt wurde. Die jährliche Menge an beförderten Gütern lag zwischen 5000 und 6000 Tonnen. Für diesen Zweck wurden extra drei E-Loks angeschafft. Zudem wurde eine Dampflok und eine Benzol-Lok für den Güterverkehr eingesetzt.[1] Ungeachtet der Kriegsereignisse wurden weitere Straßenbahnlinien in den Jahren 1916–1918 in Betrieb genommen.[2]

Am 21. Mai 1915 wurde ein Gesellschaftsvertrag geschlossen, an dem 24 Kommunalverbände beteiligt waren. Das Stammkapital wurde auf 1,707 Millionen Mark festgelegt. Gesellschafter waren der Stadt- und Landkreis Recklinghausen, der Stadtkreis Buer, die Gemeinden des Landkreises Recklinghausen und die Gemeinden Wanne. Als Name wurde Vestische Kleinbahnen GmbH gewählt, womit der räumliche Bezug und der Gegenstand der Gesellschaft klar umrissen waren.[2]

1920–1939

Seit Oktober 1920 ließ die Vestische Kleinbahnen Omnibusse fahren. Die Busse glichen damals mehr einer motorisierten Kutsche, verfügten über zehn Sitzplätze und sechs Stehplätze. Zwei Linien wurden in Betrieb genommen: die Strecke Schalke-Buer-Gladbeck, wo der Bus Vorreiter für die Straßenbahnstrecke wurde, und die Strecke Herten-Marl über Langenbochum, Westerholt, Buer, Hassel und Polsum. Diese Linie musste jedoch wegen fehlender Rentabilität schon nach einem Monat wieder eingestellt werden.[2]

Am 2. Juni 1923 wurde die Betriebsführung der Straßenbahn Herne–Baukau–Recklinghausen durch die Vestische Kleinbahnen GmbH übernommen. Mit dem Ausbau des Liniennetzes und dem Kauf der sich noch im Besitz der Stadt Recklinghausen befindlichen Strecke Recklinghausen – Röllinghausen waren die Finanzmittel des Landkreises erschöpft. Um die schon in Bau befindlichen Strecken doch noch vollenden zu können, entschloss sich 1927 die Direktion, Dollaranleihen aufzunehmen.[1] 1.750.000 US-Dollar der Foreign Trade Securities Co. New York sollten helfen, den Betrieb in Gang zu halten. Als Sicherheit diente die Eintragung einer Sicherheitshypothek im Bahngrundhandbuch zugunsten der Deutschen Landesbank-Zentrale AG Berlin als deutschem Treuhänder.[2] Die Vestische Kleinbahnen waren zum Jahresende 1934 auf 226,7 km angewachsen, die Streckenlänge auf 185,8 km.[1] Auf diesem Netz beförderte man zwischen 8,9 Millionen (1938) und 17,1 Millionen (1933) Fahrgäste.[1]

Die Straßenbahn Herne–Baukau–Recklinghausen ging am 28. Oktober 1939 in den Besitz der Vestischen Kleinbahnen GmbH über. Ebenso wurden auch die 80 Beschäftigten übernommen. An die Bogestra wurde die Strecke zwischen Buer und Schalke und in Horst am 15. August 1939 verkauft. Ein Versuch, im Gegenzug die Strecke Buer nach Horst zu erhalten, gelang nicht.[2] Im Jahr 1939 genehmigte die Reichsbahn die Verlegung von Gleisen über den Bahnübergang in Gladbeck, allerdings ohne Oberleitungen. Somit war man nicht mehr darauf angewiesen, Wagen über das Netz der Bogestra zu befördern. Auf dem Gelände der Chemischen Werke Hüls wurden zwischen März und Mai 1939 3,3 km Gleise verlegt.[1]

Der Altmarkt in Bottrop in den 1940er Jahren

Zu diesem Zeitpunkt betrieb man auch mit den benachbarten Gesellschaften einige Gemeinschaftslinien. Mit den Oberhausener Straßenbahnen gab es zwei Linien von Bottrop aus. Auch mit der Westfälischen Straßenbahn hatte man eine gemeinsame Linie. So befuhr man zusammen mit der Bogestra zwei Linien von Gladbeck nach Gelsenkirchen und eine Linie von Recklinghausen über Marl nach Gelsenkirchen.[1]

Zweiter Weltkrieg

Seit Kriegsbeginn waren die Beförderungsleistungen – nicht zuletzt wegen der neuen Strecke zu den Chemischen Werken – beachtlich gestiegen, von 20,4 Millionen Personen im Jahr 1939 bis zu 62 Millionen Personen im Jahr 1943. Auch der Personalbestand nahm 1939 im größeren Umfang zu. Doch wegen des mangelnden männlichen Personals musste immer mehr auf weibliche Arbeitskräfte zurückgegriffen werden. 1944 waren von 1450 Beschäftigten 670 weiblich.[1]

Am 7. Februar 1940 wechselte die Vestische Kleinbahnen GmbH ihren Namen, um den Zweck und Aufgabe der Gesellschaft klarer zum Ausdruck zu bringen, aus ihr wurde die Vestische Straßenbahnen GmbH.[2] 1941 nahm das Unternehmen, wie im Zweiten Weltkrieg üblich, den öffentlichen Güterverkehr auf. Zunächst hieß es, die Lebensmittelversorgung sicherzustellen. In den letzten beiden Kriegsjahren galt es, Baumaterial aller Art in die Stadtzentren zu schaffen, in erster Linie für den Bunkerbau.[1] Aus diesem Grund waren Gleise in Kriegszeiten wichtige militärische Ziele. Die seit Mai 1940 einsetzenden Bombenangriffe und schlechte Wetterverhältnisse führten zu schweren Beschädigungen am Gleisnetz, zu deren Behebung zusätzliche Gleisbaukolonnen aufgestellt werden mussten.[1]

Zerstörter Straßenbahnwagen der Vestischen in Gladbeck zu Zeiten des Zweiten Weltkriegs

Erst als 1945 die Front näher rückte, kam der Verkehr am 27. März 1945 für einen Monat ganz zum Erliegen. Zum Jahresende 1945 waren nur noch 52 Trieb- und 42 Beiwagen einsatzbereit. Außer Dienst blieben vorerst 63 Trieb- und zwölf Beiwagen.[1] Fast alle fahrbereiten Omnibusse mussten der Wehrmacht zur Verfügung gestellt werden und gingen in den letzten Kriegsjahren verloren.[2]

1945 bis Ende der 1950er Jahre

Am 10. April 1945 beauftragte die Militärregierung die Betriebsleitung der Vestischen Straßenbahnen GmbH so bald wie möglich wieder den Verkehr aufzunehmen.[1] Viele Männer waren in Kriegsgefangenschaft geraten. Die heimkehrenden Männer wurden vom Arbeitsamt vorzugsweise zu den Zechen geschickt, die dringend Arbeitskräfte benötigten. Bei der Vestischen waren bis Ende 1946 immer noch 64 Betriebsangehörige nicht aus der Gefangenschaft zurück. Frauen wurden an deren Stelle im Schaffnerdienst eingesetzt.[2] Die ersten Teilstrecken, die am 28. April 1945 wieder befahren wurden, waren die Linien Herten – Segensberg, Herten – Langenbochum und Recklinghausen – Erkenschwick.[1] Bis zum 1. Juli 1953 waren alle 23 Linien wieder in Betrieb. 1950 wurden 190 km Strecken befahren, mit denen die Vestische zu den größten Straßenbahnbetrieben Deutschlands gehörte. Im September 1953 hatte das Straßenbahnnetz der Vestischen Straßenbahnen GmbH seine größte Ausdehnung. Nach 1953 wurden zunehmend Straßenbahn- durch Buslinien ersetzt.[3]

Der Altmarkt in Bottrop in den 1950er Jahren

Im Jahr 1962 lag die Anzahl der Fahrgäste bei ca. 61,5 Millionen. Trotz der hohen Beförderungszahl war die Vestische zu Rationalisierungsmaßnahmen gezwungen. Die Einnahmen aus dem Verkauf von Fahrscheinen deckten kaum die Ausgaben, die zusätzlich durch steigende Materialpreise und Lohnerhöhungen zunahmen. Der Fahrer sollte in Zukunft die Aufgaben des Schaffners übernehmen. Zunächst wurde dieses System auf schwach frequentierten Buslinien stundenweise ausprobiert. In der Zwischenzeit entschied sich das Unternehmen, wegen des aus dem Krieg resultierenden Arbeitskräftemangels, wieder Frauen als Kurzdienstschaffnerinnen in den Betrieb aufzunehmen. Zusätzlich wurden Schaffner unter 21 Jahren eingestellt. Doch das größte Problem stellte der zunehmende Individualverkehr Mitte der 1960er Jahre dar. Während es 1950 nur zwei Millionen zugelassene Pkw waren, so stieg die Zahl bis 1965 auf 12,1 Millionen. Neben dem Pkw-Fahrer fielen auch Kollegen, die zur Arbeit mitgenommen wurden, als Kunden weg. Diesem Problem wollte die Vestische mit einer verbesserten Verkehrssituation, moderneren Fahrzeugen und zusätzlichem Service durch Errichtung von Fahrgastunterständen im Jahr 1959 entgegenwirken.[2]

Seit 1982 ohne Straßenbahn

Ab 1956 erfolgte zunächst nur vereinzelt eine Reduzierung der Straßenbahnlinien, die ab 1960 verstärkt wurde. Im Juni 1976 kam ein auf Anfrage der Betriebsführung erstelltes Gutachten zum Ergebnis, dass der Omnibusbetrieb die Beförderungskapazität übersteige und der Straßenbahn betriebswirtschaftlich überlegen sei. Ein wirtschaftlicher Straßenbahnbetrieb wäre nur in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts möglich gewesen, da die Bahn zu dieser Zeit die einzige Alternative zum Pferdewagen und Fahrrad gewesen sei. Eine Straßenbahn rechne sich nur in großen Metropolen mit hohem Fahrgastaufkommen. Omnibusse seien wirtschaftlicher, flexibler (da nicht an Schienen gebunden) und dabei ebenso fahrgastfreundlich. Das Gutachten empfahl daher eine vollständige Umstellung des Betriebs auf den Busverkehr im Zeitraum von sechs Jahren.[2]

Diese Straßenbahnlinien verkehrten im November 1975:[1]

Magirus-Deutz SH110 der Vestischen Straßenbahnen aus den 1970er Jahren (historische Aufnahme)
Linie Linienweg
8 Recklinghausen Hbf. – Herne – Bochum – Hattingen Reschop
10 Bf. Marl-Sinsen – Recklinghausen Hbf. – Herten – Buer – Gladbeck Lambertistraße
11 Recklinghausen Hbf. – Herten – Buer – Polsum Ehrenmal
17 Bottrop Pferdemarkt – Gladbeck Lambertistraße – Gelsenkirchen-Horst, Essener Str.
18 Recklinghausen Hbf. – Herne – Bochum Hbf – Bochum-Dahlhausen

Der Straßenbahnbetrieb wurde am 3. Oktober 1982 mit der Aufgabe des letzten Streckenteils Recklinghausen Hbf. – Herne Bf. der Gemeinschaftslinie 305 (Vestische und Bogestra) eingestellt. Die verbliebenen Fahrzeuge wurden an die Verkehrsbetriebe in Lille verkauft. (Nur der Triebwagen 380 wurde auf Initiative eines Privatmanns gerettet und gelangte zuerst nach Schwerte (Schwerter Museumsstraßenbahn e.V.) und später (1997) ins Emschertalmuseum in Herne-Wanne-Eickel.) Dort wurde er 2016 verschrottet. Seitdem ist die Vestische ein reiner Busbetrieb.[4] Im Zuge der Betriebsumstellung wurden auch die nunmehr überflüssigen Oberleitungen und Gleise entfernt. Anstelle der vielen kleinen Betriebshöfe, die für den Straßenbahnverkehr nötig waren, ließ das Unternehmen zwei neue Betriebshöfe in Bottrop und Herten errichten. Der Betriebshof in Bottrop wurde am 30. Juli 1978 eingeweiht. Der Hertener Betriebshof feierte seine Neueröffnung am 3. Oktober 1982. Auch die Hauptwerkstatt und die Verwaltung sind auf diesem Gelände untergebracht.[2]

Um den Personennahverkehr kostengünstiger und fahrgastfreundlicher zu gestalten, schlossen sich am 1. Januar 1980 19 kommunale Verkehrsunternehmen – darunter die Vestische und die Deutsche Bahn AG, zum Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) zusammen. Alleiniger Gesellschafter dieser Institution ist der Zweckverband Verkehrsverbund Rhein-Ruhr, dem 19 kreisfreie Städte und fünf Kreise angehören.[2] Die Vestische bedient das nördlichste und flächenmäßig größte Gebiet des VRR. Der Verkehrsverbund legt seither die Tarifgebiete fest, bestimmt die Fahrpreise und verteilt die Einnahmen. Im Bedienungsgebiet des VRR wurde für mehr als 7½ Millionen Einwohner ein Netz öffentlicher Verkehrsmittel angeboten, mit einheitlichen Tarifen und Beförderungsbedingungen, einheitliche Vertriebssystemen und aufeinander abgestimmten Fahrplänen[2]

Die Straßenbahnstrecken der Vestischen Straßenbahnen GmbH von 1901 bis 1976[1]0
Strecke Inbetriebnahme Länge bei Inbetriebnahme in km
1. Recklinghausen – Herten – Wanne-Eickel 10. Mai 1901 12,8
2. Herten – Katzenbusch – Hochlarmark 1. April 1927 3,7
3. Recklinghausen – Langenbochum – Herten 23. Dezember 1915 5,89
4. Recklinghausen – Marl – Dorsten 29. August 1915 8,7
5. Marl – Brassert 1. September 1918 1,8
6. Marl – Chemische Werke /Hüls 1. März 1928 3,6
7. Recklinghausen – Sinsen – Hüls 27. Mai 1914 8,89
8. Recklinghausen – Nordcharweg 10. Juli 1950 0,89
9. Recklinghausen – Erkenschwick – Datteln 15. Dezember 1909 5,75
10. Recklinghausen – Suderwich – Datteln 7. April 1909 5,25
11. Meckighoven – Waltrop – Brambauer 23. Dezember 1924 5,9
12. Recklinghausen – Herne 26. Februar 1898 9,08
13. Recklinghausen-Süd – Röllinghausen 30. August 1914 2,77
14. Recklinghausen – Hochlarmark – Recklinghausen-Süd 15. Februar 1934 8,01
15. Buer-Rathaus – Sutum 18. Dezember 1927 4,78
16. Buer-Rathaus – Resse – Herten 24. August 1916 3,55
17. Resse – Erle-Middelich 1. Mai 1908 2,71
18. Buer – Westerholt – Resser Weg 19. April 1927 3,2
19. Buer – Hassel – Polsum – Marl 23. Dezember 1915 2,08
20. Buer – Scholven – Gladbeck 13. Juli 1920 3,18
21. Buer – Gladbeck-Ost 1. März 1925 4,38
22. Gleislücke am Bahnhof Gladbeck Ost
Provisorische Verbindung (Niveaukreuzung)

ca. 1939/45
23. Gladbeck – Horst 2. September 1909 4,08
24. Gladbeck – Kirchhellen 15. Juli 1909 1,56
25. Gladbeck – Zweckel 23. August 1929 2,25
26. Gladbeck – Bottrop – Osterfeld 28. Mai 1909 8,45
27. Bottrop – Sterkrade 1. Oktober 1927 4,72
28. Bottrop – Prosper II Ende 1913 1,83
29. Bottrop – Horst 29. Mai 1913 3,83

Fahrzeuge

Bus der Vestischen Straßenbahnen GmbH im KÖR-Design

Am 3. Juni 1988 wurde die Linie 263 (Bottrop – Oberhausen-Sterkrade) als erste Buslinie vollständig auf Niederflurbusse (Auwärter Neoplan) umgestellt. Damit war es der erste Busbetrieb in Deutschland, der das Fahrtenangebot einer Linie mit stufenlosen Fahrzeugen ausstattete, die heute zum Standard moderner Nahverkehrsunternehmen gehören.

2012 verfügte das Unternehmen über etwa 165 Busse, zuvor (bis zum 25. Dezember 2011) über 230, da 68 Fahrzeuge bei einem Brand im Betriebshof Bottrop zerstört wurden.[5][6] Bis Dezember 2011 waren 160 Standard-Linienbusse, 67 Gelenkbusse, zwei Wasserstoffhybrid-Busse und zwei Dieselhybrid-Gelenkbusse verfügbar. Alle Busse zusammen hatten einen Jahresverbrauch von sieben Millionen Litern Dieselkraftstoff. Die Dieselmotoren der Linienbusse des Baujahrs 2007 erreichten die Abgasstufe Enhanced Environmentally Friendly Vehicle (EEV). Die Hälfte der Busflotte hatte damals mit Euro-4-Motoren.

Die gesamte Busflotte besteht aus Niederflur-Fahrzeugen. Sie ermöglichen insbesondere Fahrgästen mit Behinderungen, Kinderwagen, Gepäck und älteren Menschen ein bequemeres Ein- und Aussteigen.

Als Mitglied der Kooperation östliches Ruhrgebiet (KÖR) beschafft die Vestische ihre Busse gemeinsam mit den Verkehrsunternehmen Bogestra, der DSW21, der HCR, der Ruhrbahn und den Bahnen der Stadt Monheim.[7]

Die Fahrzeuge der Vestischen stammen von den Busherstellern Solaris, Neoplan, Mercedes-Benz und MAN. Bis Anfang 1980er Jahre bestand der Busfuhrpark fast ausschließlich aus den Fabrikaten Büssing, Magirus-Deutz und MAN, ab Mitte der 1980er Jahre wurden Busse von Auwärter Neoplan (mit luftgekühlten Deutz-Dieselmotoren) eingesetzt, darunter auch die ersten Niederflurbusse.

Buslinienarten

Die Vestische setzt für das Bedienungsgebiet unterschiedliche Buslinien ein. Dazu gehören:

StadtLinien

Sie verbinden Stadtteile miteinander und haben eine hohe Erschließungsqualität.

SchnellBusse

SchnellBusse (SB) verbinden auf direkten Wegen Städte untereinander, wobei sie meist nur an ausgewählten Haltestellen halten.

SB 16   Bottrop-Kirchhellen – Bottrop ZOB Berliner Platz – Bottrop Hbf. – Essen Hbf
SB 20   Recklinghausen Hbf. – Recklinghausen Süd – Herne Bf.
SB 22   Datteln Bus Bf. – Castrop-Rauxel-Henrichenburg – Castrop-Rauxel Hbf.
SB 24   Recklinghausen Hbf. – Oer-Erkenschwick – Datteln Busbahnhof – Waltrop – Dortmund-Mengede Bf.
SB 25   Recklinghausen Hbf. – Marl Mitte – Dorsten ZOB
SB 26   Dorsten ZOB – Dorsten-Wulfen – Barkenberg – Marl-Brassert – Marl Mitte
SB 27   Marl Mitte – Herten-Langenbochum – Herten Mitte – Bergwerk Ewald 1/2 – Wanne-Eickel Hbf.
SB 36   Bottrop-Kirchhellen – Gladbeck West Bf. – Gladbeck Mitte – Gelsenkirchen-Horst – Gelsenkirchen Hbf.
SB 49   GE-Buer Rathaus – GE-Resse – Herten Mitte – Recklinghausen Hbf.
SB 91   Oberhausen Bero-Zentrum – Oberhausen Hbf. – Oberhausen-Osterfeld Süd Bf. – Bottrop ZOB Berliner Platz – Gladbeck Goetheplatz – Gelsenkirchen-Buer Rathaus

NachtExpress

NachtExpress-Linien (NE) verkehren jeweils im Stundentakt in den Nächten von Freitag auf Samstag, Samstag auf Sonntag sowie vor Feiertagen. Die NachtExpress-Busse fahren sternförmig von Recklinghausen Zentrum in die Stadtteile und Nachbarstädte, verbinden das Ostvest mit Dortmund und verknüpfen die Städte des Kreises untereinander sowie mit Gelsenkirchen, Herne, Bottrop und Oberhausen.

TaxiBusse

TaxiBusse (TB) fahren nach festem Fahrplan und einer festen Route, jedoch nur dann, wenn der Fahrtwunsch spätestens 30 Minuten vor der Abfahrt telefonisch gemeldet wird. Die Taxibusse verkehren auf Nebenrouten und in den Schwachverkehrszeiten.

AnrufSammelTaxi

AnrufSammelTaxis (AST) fahren nach demselben Prinzip wie Taxibusse, allerdings bringen diese Taxis den Fahrgast gegebenenfalls bis vor die Haustür, falls diese sich innerhalb von 300–400 Metern befindet (nur für den Ausstieg). Bei AnrufSammelTaxis gelten Sondertarif-Bestimmungen.

FahrradBus

In den Sommermonaten setzte die Vestische den FahrradBus der Linie 200 an Sonn- und Feiertagen ein. Der FahrradBus setzte sich zusammen aus einem Linienbus und einem Anhänger, auf dem bis zu 16 Fahrräder platziert werden konnten. Die Fahrstrecke führte von Castrop-Rauxel über Datteln bis nach Haltern am See. Diese Linie ist seit der Saison 2013 eingestellt.

Tarif- und Ticketsystem

Bei der Vestischen Straßenbahnen GmbH kommt das Tarifsystem des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr (VRR) zu Anwendung. Die verschiedenen Abonnement-Tickets sind an bestimmten Zielgruppen orientiert. In den Stadtgebieten Datteln, Haltern am See, Oer-Erkenschwick und Waltrop gilt im Übergang ins Münsterland auch der Westfalentarif. Einzelfahrscheine erhält der Fahrgast über die KundenCenter, private Verkaufsstellen und bei dem Fahrpersonal.

Service

KundenCenter

Das Unternehmen betreibt für Fahrgäste sechs KundenCenter im Bedienungsgebiet. Diese ermöglichen durch das elektronische Fahrplanauskunftssystem EFA schnelle Informationen über die verfügbaren Bus- und Bahnanschlüsse. Hierfür durchkämmt EFA die Fahrpläne der Vestischen, der anderen Nahverkehrsunternehmen im VRR und der Deutschen Bahn. Zu dem Vertriebsnetz gehören auch private Verkaufsstellen (Lottoannahmestellen, Bürgerbüros etc.) für Informationsmöglichkeiten und Fahrscheinvorverkäufe.

Die KundenCenter sind zuständig für die Informationen zu Fahrplänen, Fahrpreisen und über erhöhtes Beförderungsentgelt, den Verkauf von Stadtfahrplänen, Fahrkarten und Shopartikeln, den Umtausch von Fahrkarten und die Rückerstattung von Fahrpreisen, sowie die Bearbeitung von Anfragen, Lob, Kritik und Abonnement-Angelegenheiten.[8]

Weitere Serviceleistungen

Infobus

Infobusse bieten die gleichen Leistungen wie die KundenCenter. Sie werden bei Großveranstaltungen (Eröffnung der Ruhrfestspiele, Cranger Kirmes etc.) eingesetzt. Zudem stehen sie auch an Plätzen, an denen ein KundenCenter aus wirtschaftlichen Gründen nicht betrieben werden kann.

Halten auf Wunsch

Nach 20 Uhr ist ein Ausstieg zwischen den Haltestellen möglich. Dieses Angebot wurde bereits Mitte der 1990er Jahre eingeführt.

Buslinien

Zahlen

Jahr 2006 Jahr 2007 Jahr 2008 Jahr 2009 Jahr 2010 Jahr 2016[10] Jahr 2017[11]
Fahrgäste gesamt Tsd. 64.914 66.151 65.006 63.511 62.906 60.564 59.641
Betriebsleistung Tsd. 19.317 18.800 18.489 18.546 19.083 k. A. k. A.
Mitarbeiterzahl 1.007 977 997 987 981 1.023 994
Umsatzerlöse T€ 44.878 45.966 46.403 47.624 48.086 56.820 58.010

Die Zahlen sind Pressemitteilungen bzw. den offiziellen Geschäftsberichten entnommen.

Literatur

  • Vestische Straßenbahnen GmbH, Herten / Westf.: Chronik 1901–1976 (Manuskript Rolf Löttgers und Wolfgang R. Reimann), ohne Ortsangebe 1976.
  • Klaus Oehlert-Schellberg: Die Vestischen Straßenbahnen. Verlag Kenning, Nordhorn 1995, ISBN 3-927587-49-4.
  • Vestische Straßenbahnen GmbH (Hrsg.): Auf Linie. Mobilität, Menschen und mehr – 100 Jahre Vestische. Klartext, Essen 2001.
  • Manfred Köhler: Vergebliche Modernisierung; Erinnerungen an die »Vestische«. In: Straßenbahn-Magazin, Dezember 2007 S. 14–22.
  • Ralph Bernatz: Die Sieben. Mit der Vestischen von Recklinghausen nach Herten – eine Bilderreise. Herten 2010.
  • Ralph Bernatz: Die Eins. Die Geschichte der Straßenbahn Recklinghausen – Herten – Wanne. Stammlinie der Vestischen. Herten 2012.
  • Ralph Bernatz, Klaus Giesen: Die Zehn. Mit der Straßenbahn von Ost nach West – Quer durch das Vest. Herten 2014.
  • Klaus Giesen: Auf Schienen zur Schicht – Die Geschichte der Straßenbahn in Bottrop, Gladbeck und Kirchhellen. Bottrop 2016.
  • Wir über uns. Herten.
  • Vestische – Wir fahren Linie. Herten (Winter 2005/2006).
  • Dieter Höltge: Straßen- und Stadtbahnen in Deutschland, Band 4: Ruhrgebiet von Dortmund und Duisburg. EK-Verlag, Freiburg 1994, ISBN 3-88255-334-0.
  • Michael Schenk: Straßenbahnen im östlichen Ruhrgebiet. Die Vestischen Straßenbahnen. Sutton-Verlag 2004, ISBN 3-89702-684-8, S. 93–114.
  • Die Vestische. Legendäre Straßenbahn zwischen Lippe und Emscher 1901–1982. In: Straßenbahn-Magazin Spezial Nr. 25, GeraMond-Verlag, München 2013, ISBN 978-3-86245-255-2.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. 1,00 1,01 1,02 1,03 1,04 1,05 1,06 1,07 1,08 1,09 1,10 1,11 1,12 1,13 1,14 1,15 1,16 1,17 1,18 1,19 1,20 1,21 Vestische Straßenbahnen GmbH (Hrsg.): Vestische Straßenbahnen GmbH – Chronik 1901–1976. Herten, Mai 1976.
  2. 2,00 2,01 2,02 2,03 2,04 2,05 2,06 2,07 2,08 2,09 2,10 2,11 2,12 2,13 2,14 2,15 2,16 2,17 2,18 2,19 Vestische Straßenbahnen GmbH (Hrsg.): Auf Linie. Mobilität, Menschen und mehr – 100 Jahre Vestische. Klartext, Essen 2001.
  3. 3,0 3,1 Dieter Höltge: Straßenbahnen- und Stadtbahnen in Deutschland. Band 4: Ruhrgebiet von Dortmund bis Duisburg. EK-Verlag, ISBN 3-88255-334-0.
  4. tramtracks.de
  5. derwesten.de
  6. damals in Bottrop.net
  7. Die Bahnen der Stadt Monheim sind kooperierender KÖR-Partner (abgerufen am 31. Dezember 2009)
  8. http://www.vestische.de/recklinghausen.html |wayback=20110928153458 KundenCenter-Recklinghausen. Website der Vestischen Straßenbahnen GmbH, abgerufen am 22. August 2011.
  9. So-Linien sind Linien des Gladbecker Sonntagsnetzes, die die Vestische am 29. Mai 1994 einführte.
  10. Vestische Wir über uns 2016
  11. Vestische Wir über uns 2017


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