Was ist Heimat?

Menschen vieler Nationen leben in Gelsenkirchen friedlich zusammen. Erzählt aus eurem multikulturellen Alltag.

Moderatoren: Verwaltung, Redaktion-GG

Benutzeravatar
glückauf
Beiträge: 1868
Registriert: 27.06.2007, 22:19
Wohnort: Gelsenkirchen-Buer
Kontaktdaten:

Beitrag von glückauf »

@Daphne Meine Heimat ist eindeutig Gelsenkirchen.
Hier bin ich geboren, hier auch aufgewachsen. Es ist mir alles so vertraut.
Hier finde ich immer wieder Menschen die ich von früher her kenne.
Ich fühle mich wohl in meiner Heimat.
Gelsenkirchen ist meine Heimat und mein Zuhause.
Unterschreibe ich mit :tick:
Glückauf
Klaus
Glückauf, viele neue Fotos über Aktivitäten des Trägervereins Hugo Schacht 2 e.V. zu sehen unter: http://zeche-hugo.com
Trenne Dich nicht von Deinen Illusionen! Wenn sie verschwunden sind, wirst Du weiter existieren, aber aufgehört haben zu leben.

Troy
Mitglied der Verwaltung
Beiträge: 12945
Registriert: 25.06.2007, 21:41

Beitrag von Troy »

Zuhause hat für mich was mit "ankommen und bleiben" zu tun.
Das ist da, wo ich mal begraben sein möchte.
Wenn ich gelegentlich über Friedhöfe geh, denk ich meistens:
Nö, hier nicht!
Ein sehr positives Gefühl hatte ich bei einem Urlaub in Skandinavien:
Da fand ich einen klitzekleinen, ruhigen, aber nicht totenstillen Friedhof.
Zwischen Fjord und Nordsee, also zweimal "Seeblick".
Ich saß dort auf der Bank und war zufrieden.
Ich vermute aber, dass alle Grundstücke dort schon vergeben sind.

Aber Heimat?
Mit 10 Jahren hatte ich keine Antwort, da kannte ich die Frage nicht.
Mit 20 wollte ich weg aus GE, ging aber dann doch nicht.
Mit 30 begann ich mich für meine Herkunft zu interessieren.
Momentan vermisse ich das schöne alte Wort "Heimatkunde", es hat was mit Herkunft zu tun.
Bin mal gespannt, wie ich mit 100 darüber denken werde...

Benutzeravatar
Daphne
Beiträge: 294
Registriert: 06.02.2010, 11:19

Beitrag von Daphne »

@glückauf
Ich glaube wir haben schon mal miteinander geschrieben :D
Es gibt nichts, was nicht geändert werden kann.

Benutzeravatar
hotte
Beiträge: 54
Registriert: 19.05.2008, 18:33
Wohnort: Berlin
Kontaktdaten:

Beitrag von hotte »

Troy hat geschrieben:Zuhause hat für mich was mit "ankommen und bleiben" zu tun.
Das ist da, wo ich mal begraben sein möchte.
Wenn ich gelegentlich über Friedhöfe geh, denk ich meistens:
Nö, hier nicht!
Ein sehr positives Gefühl hatte ich bei einem Urlaub in Skandinavien:
Da fand ich einen klitzekleinen, ruhigen, aber nicht totenstillen Friedhof.
Zwischen Fjord und Nordsee, also zweimal "Seeblick".
Ich saß dort auf der Bank und war zufrieden.
Ich vermute aber, dass alle Grundstücke dort schon vergeben sind.

Aber Heimat?
Mit 10 Jahren hatte ich keine Antwort, da kannte ich die Frage nicht.
Mit 20 wollte ich weg aus GE, ging aber dann doch nicht.
Mit 30 begann ich mich für meine Herkunft zu interessieren.
Momentan vermisse ich das schöne alte Wort "Heimatkunde", es hat was mit Herkunft zu tun.
Bin mal gespannt, wie ich mit 100 darüber denken werde...
Ab sechzig versuchst du alte Spuren zu finden und dich mit allen Leuten über das Gestern zu unterhalten.
Viele Grüße von Hotte einem alten Berliner der mit 18 Jahren Erle verließ

Benutzeravatar
Tanja
Beiträge: 1650
Registriert: 28.08.2007, 16:07
Wohnort: Gelsenkirchen-Altstadt

Heimatfindung

Beitrag von Tanja »

Ja Troy,

Heimat ist nicht die Frage nach der Herkunft sondern das "Ankommen".

Gleichsam gibt es keine Antwort auf die Frage "Was ist Heimat?".

Falls es eine gibt, lasst es mich wissen!

Was ist Heimat? Was "isst" Heimat? Was frisst Heimat auf?

T.
"Mein Hund ist als Hund eine Katastrophe - aber als Mensch unersetzlich!" (Johannes Rau)

Bernd Matzkowski
Beiträge: 634
Registriert: 29.05.2007, 14:44

kurze antwort auf tanjas frage

Beitrag von Bernd Matzkowski »

home is where the heart is(frank zappa)

Benutzeravatar
Tanja
Beiträge: 1650
Registriert: 28.08.2007, 16:07
Wohnort: Gelsenkirchen-Altstadt

Antwortheischend

Beitrag von Tanja »

@Börnd

"Vorbild dank dir schön, ich glaub ich krieg es jetzt auch selber hin.". 8)

T.
"Mein Hund ist als Hund eine Katastrophe - aber als Mensch unersetzlich!" (Johannes Rau)

Teekesselchen
Abgemeldet

Beitrag von Teekesselchen »

Männlein hat geschrieben:Gleich mache ich mich auf den Weg nach Freiburg, mein Home-Team spielt in der Fremde.

Ich werde verstärkt darauf achten, welche und wie hohe Heimatgefühle mich überwältigen, angesichts Tausender Blau-Weiß-Fans aus ganz Deutschland.
Könnte ich sogar eine Art „Mobile Heimat“ erleben?
Vergleichbar mit einem Wohnwagen, wo ich ja – so behaupten jedenfalls viele Insider – mein Zuhause an den Haken nehme um weltweit (ein Stück) Heimat dabei zu haben.
Ich bin gespannt…bwg from away

Männlein
Wir auch. :wink: Erzähl doch mal !

Männlein
Beiträge: 1230
Registriert: 27.02.2007, 13:08

Beitrag von Männlein »

OT?: Würde gerne ausführlicher schreiben, mache mich aber morgen weit vor Sonnenaufgang auf den Weg Richtung GE, daher Kurzform.

Nein, es hat mit Heimat nicht so viel zu tun, obwohl ich diesen Begriff für mich nicht so genau definieren kann, ich horche immer noch in mich hinein.

Sicherlich entstand in Freiburg ein Gefühl der Gemeinschaft, vielleicht sogar Freundschaft, ein Wohlfühlen in einem relativ vertrauten Umfeld, gleichartige oder ähnliche Gefühle und Wünsche taten ein Übriges, Gruppendynamik nicht zu vergessen. Alte Freunde treffen...

Heimatgefühle kamen nicht auf.
Vielleicht stumpft man auch ab. Solche Fahrten wirken mit der Zeit auf mich auch wie business as usual.
Heimat ist doch wohl was anderes, ich vermute auch, es ist doch nicht so ganz ortsunabhängig.

Andermal gerne mehr.

Freiburg ist eine ganz tolle Stadt, nicht nur tagsüber...

Männlein

Benutzeravatar
kleinegemeine01
Beiträge: 8543
Registriert: 27.01.2008, 22:09
Wohnort: Gelsenkichern

Beitrag von kleinegemeine01 »

Hier gab es auch schon mal etwas ähnliches zum Thema:

http://www.gelsenkirchener-geschichten. ... php?t=2964

Benutzeravatar
Lorbass43
Beiträge: 2080
Registriert: 11.02.2009, 10:49
Wohnort: Früher Scholven - heute Herzogenrath

Beitrag von Lorbass43 »

Ist Heimat nicht wie ein Kirchenfenster, ein Puzzle, das sich aus Hunderten bunten Einzelteilen zusammen setzt?
Einige Teile haben Sprünge bekommen, andere sind herausgebrochen, sodass Lücken klaffen im schönen Bild und eine Ausbesserung dringend Not täte. Wieder andere Teile scheinen im Laufe der Jahre an Glanz verloren zu haben. Sie wirken verstörend matt, ganz anders als man sie in Erinnerung hatte.
Besteht Heimat vor allem aus Erinnerungen?
Jede Welt ist von heute. Also kann Heimat nicht nur irgendwo hinter längst verblichenen Jahren schlummern. Die ehemals juristische Gleichsetzung von Heimat und Geburtsort wurde schon in preußischer Zeit im 19. Jahrhundert aufgehoben. Das Industriezeitalter machte die Menschen zu Jägern ihres Arbeitsplatzes - und führte zu massenhaften Heimatverlust. Seither ist Heimat da, wo man sich heimisch fühlt, was wiederum stark an Arbeit oder Nicht - Arbeit gekoppelt ist. Neben dem Faktor Arbeit waren es die Kriege, die Mensch und Heimat neu auswürfelten. Deutsche Diktaturen grenzten aus (Nazis) oder schlossen ein - zur Zwangsheimat (DDR)
Heimat heute, die Erkundung eines Lebensgefühls. Die Zeiten, da ein solches Gefühl gleichsam verpönt war, scheinen zu schwinden. Je stärker sich die Welt globalisiert, je unwohler sich Jung und Alt in der Uniformiertheit weltgleicher Mode, weltgleicher
Lebensmittel und weltgleicher Musik fühlen, desto wertvoller dünkt sie die schrullige, fehlerhafte, aber doch gute alte Heimat. Oder geht es inzwischen um etwas anderes?
Bedeutet die neue Heimat Stärke oder Feigheit vor den Herausforderungen der Zeit?
Sind die heutigen Wohlfühl- und Rückzugsmuster, die bis in die Tiefen des (wiederum weltweiten) Internets führen, vergleichbar mit jener Lindenbaum - Idylle am “Brunnen vor dem Tore”, von dem die Alten sungen?
Heimat ist da, wo Arbeit ist : Im 20. Jahrhundert wurden Industriekulissen zum Sinnbild der Geborgenheit.
Im 21. Jahrhundert sind Millionen Menschen notgedrungen auf Heimatsuche; für viele von ihnen eine Frage auf Leben und Tod. Heimat ist mehr als nur eine Erinnerung: Heimat ist Notwendigkeit.
Heimat ist, da die Welt nun einmal nicht stehen bleibt, immer mit Verlust verbunden. Die Dinge (Landschaft, Sprache, Beziehungen) verändern sich, so vehement man sich da gegen wehren mag. Und manches geht unwiederbringlich verloren. Das Wort Nostalgie, das die Sehnsucht nach dem Verlorenengegangenen meint, scheint selber verloren gegangen zu sein. Der Zeitgeist spricht von ”Retrowellen” und bejubelt die vorübergehende Wiederbelebung von klappernden Latschen und Brausegetränken.
Über die wahren Verluste kann das nicht hinwegtäuschen.

Erler Mädel
Beiträge: 193
Registriert: 17.01.2008, 14:33
Wohnort: bochum

Beitrag von Erler Mädel »

für mich ist Heimat auch nach über 30 Jahren in Wattenscheid immer noch Gelsenkirchen. Ich fühl mich hier wohl keine Frage, aber wenn ich in Erle wo ich aufgewachsen bin durch die Strassen gehe bin ich in der Heimat. Vieles hat sich verändert, jedoch ist mir alles vertraut weil die Erinnerungen da sind, Bilder die hochkommen, Gerüche und die Sprache. Darum glaube ich das Heimat dort ist wo man als Kind aufwuchs. Zu Hause sein kann man überall aber Heimat ? Bei Heimat denke ich an Grimberg, Schloß-Berge den Ruhzoo und Regenbogenschule.
Als ich zum ersten mal an der Nordsee war hörte ich in einem Laden eine alte Frau in friesischer Tracht plattdeutsch sprechen. Es war wie heim kommen, weil ich fast alles verstehen konnte. Mein Vater der aus Norddeutschald stammte sprach oft so. Es war mir vertraut.Für ihn war Gelsenkirchen eine schöne Stadt aber Heimat ein kleines Dorf in Norddeutschland.Die Freude wenn er Heim fahren konnte vergesse ich nie. Dort holte er sich die Kraft um hier auf der Zeche zu arbeiten.
Ich mach es genau so. Geht es mir schlecht fahre ich nach Schloß-Berge oder gehe durch Erle um wieder einen klaren Kopf zu bekommen .Das kann mir kein anderer Ort geben.

Benutzeravatar
gutenberg
† 26.10.2015
Beiträge: 1309
Registriert: 14.04.2009, 18:42

Was ist eigentlich "Heimat?"

Beitrag von gutenberg »

Phillip Marlowe, Chandlers einsamer Detektiv, beantwortete diese Frage mit einem lapidaren "Wo mein Hut hängt, da ist meine Heimat.
Wo ziehen wir "Landsleute" oder "Mitstädter" die Grenzen. Nennt ein Bueraner Gelsenkirchen seine Heimat?
Trifft man im Ausland auf Landsleute, heißt es in den seltensten Fällen "Ich bin Deutscher". Viel öfter hört man "Ich komme aus dem Ruhrgebiet" oder "Ich bin Rheinländer" oder "I bin koa Deitscher net, i bin a Bayer". Letzterer hat natürlich Recht, wobei mich bei Ersterem das Wundern überkommt, denn, hat man zu Zeiten des prosperierenden Industriegebietes, die auch noch von Mangers Zeiten waren, diese Tasache gerne verschwiegen, ich habe es oft genug erlebt, ist man in Zeiten der wirtschaftlichen Aushöhlung und Demontage sehr stolz auf seine Herkunft.
Die Engländer haben es da einfacher, weil sie zwar wissen, dass ihr Empire, wie alle Gebilde dieser Art, untergegangen ist, diese Tatsache aber nicht verifizieren können. Sie halten in irgendeiner Weltecke ihre Hand ins Meer, kosten das Wasser und wissen wo sie sind: it's salty, it's british.
Als es "Deutschland" noch nicht gab, dichtete Ernst-Moritz Arndt sein - heute sehr schwülstig klindendes -
Was ist des Deutschen Vaterland?
Ist's Preußenland? Ist's Schwabenland?
Ist's wo am Rhein die Rebe blüht?
Ist's wo am Belt die Möwe zieht?
O nein, o nein, o nein, o nein!
Sein Vaterland muß größer sein!
Aber ist "Heimat" überhaupt das Vaterland? Für uns "Alten" ist die Antwort eigentlich recht einfach. Die Antwort, warum ich, der ich schon so viele Jahrzehnte im tiefsten Münsterland lebe, und mich dennoch dem "Gebiet" zugehörig fühle ist ganz einfach: "Weil ich auf Kohle geboren wurde." Was das bedeutet, habe ich in "Die Neue Kolonie" im Scholvener Bereich erläutert.
Wie seht ihr das, Kollegen/Innen?

Benutzeravatar
Mutti hat Spaß denkt Vati
Beiträge: 701
Registriert: 30.01.2008, 07:12

Beitrag von Mutti hat Spaß denkt Vati »

...uuh, wieder so`n "Universalfred" wie "Gott", "Tod" und so weiter:

meine Antwort im Ausland lautet: "Gelsenkirchen, ein Vorort von Schalke!"

Und zur Debatte "Vaterland": wer vor dem 6.Juni 2006 gesagt hat: "Ich bin stolz, ein Deutscher zu sein", wurde sofort (nicht nur von Linken) in die braune Ecke gestellt. Während und nach der Fußball-WM 2006 war das dann kaum ein Problem, denn gefühlte 82 Millionen Menschen lagen sich bei "---Tschland"-Gesängen in den Armen.

Benutzeravatar
gutenberg
† 26.10.2015
Beiträge: 1309
Registriert: 14.04.2009, 18:42

Beitrag von gutenberg »

Mutti hat Spaß denkt Vati hat geschrieben:...uuh, wieder so`n "Universalfred" wie "Gott", "Tod" und so weiter:

meine Antwort im Ausland lautet: "Gelsenkirchen, ein Vorort von Schalke!"

Und zur Debatte "Vaterland": wer vor dem 6.Juni 2006 gesagt hat: "Ich bin stolz, ein Deutscher zu sein", wurde sofort (nicht nur von Linken) in die braune Ecke gestellt. Während und nach der Fußball-WM 2006 war das dann kaum ein Problem, denn gefühlte 82 Millionen Menschen lagen sich bei "---Tschland"-Gesängen in den Armen.
Na siehste: Haste doch ne Heimat.
Ich habe bei längeren Aufenthalten im Ausland zu diesem Komplex eines gelernt: Der oft - und oft sinnentfremdet - zitierte Satz von Grass vom schwierigen Vaterland trifft zu. So eine simple Frage wie die nach der Heimat gleich mit dem Gewicht der Frage nach Gott zu behängen, ist typisch deutsch.
Jeder Satz wird auf braune Verdächtigkeiten abgetastet. Das zählt man in Deutschland sogar zur Kultur.
Freut man sich über den Gag, die Stadt dem Vorort unterzuordnen, kommt sofort der Hammer, mit dem man Fußballgesänge und gute Laune in die braune Größenwahnecke zu stellen versucht.
Locker bleiben, Leute, locker bleiben.

Was mir zum Beispiel gut gefällt, weil es nicht typisch für unser Land ist, aber vielleicht für unsere Region, ist die Hilfe von Privatpersonen für Obdachlose Zeitgenossen. Allein schon der Gedanke, bei dieser Kälte kein Dach über dem Kopf zu haben, ist grausam.
Dieses "Nicht-Lange-Fackeln, Handeln!" finde ich großartig.

Antworten